Kategorie: Grüne

  • Ja, ich will…in einer Stadt leben, in der keine Kinder in Schubhaft gesteckt werden!

    Das wird das persönlichste Posting, das ich seit langem geschrieben habe…und vielleicht eines der für mich Wichtigsten. Es ist sechs Uhr früh, ich war den ganzen Tag und die halbe Nacht im Wahlkampf unterwegs und auch die letzten Tage und Nächte…und ich kann nicht schlafen.

    Ich kann nicht schlafen, weil ich weiß, dass jetzt gerade, seit gestern um 6:50, zwei neunjährige Mädchen gemeinsam mit ihrem Vater wenige hundert Meter von hier an der Rossauer Lände in Schubhaft stecken, während ihre Mutter seit vorgestern wegen Selbstmordgefahr in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht ist. Ich weiß nicht, wie die Abschiebezelle aussieht, außer aus – mich schockierenden – Medienberichten. Ich kenne diese vier Menschen nicht, und ich weiß nicht, ob sie jetzt schlafen können.

    Ich weiß nur, dass ich als Vater eines Kindes, mit dessen Mutter ich seit vier Jahren jedes Jahr eine demütigende Bittstellertour auf die für das Fremdenrecht zuständige Magistratsabteilung 35 der Stadt Wien unternehmen muss, auf der wir vor allem eines erfahren haben: Dass es in dieser Stadt nicht vorgesehen ist, sich als Österreicher in eine Ausländerin verliebt zu haben und mit ihr hier zusammenleben zu wollen; dass es selbst für gutwillige Menschen aus ärmeren Ländern schwierig ist, sich hier Willkommen zu fühlen; dass die – von der SPÖ damals noch ohne Not aus der Opposition gemeinsam mit Schwarz-Blau beschlossenen Fremdengesetze – hier in Wien nicht nur im Sinne von Unmenschen wie Innenministerin Fekter exekutiert werden, sondern manche BeamtInnen noch zusätzliche Schikanen erfinden und auch verheirateten Paaren die Verlängerung einer Aufenthaltsgenehmigung und damit ein gemeinsames Leben und eine persönliche Perspektive in Wien so schwer wie möglich machen.

    Ich weiß also, dass ich als Vater des Kindes einer Ausländerin in dem Moment, wo ich diese gesetzlichen Voraussetzungen – in unserem Fall: über 1100 Euro pro Monat Mindesteinkommen, Wohnung, Sozialversicherung uvam. – nicht mehr erfüllen könnte und deshalb die Mutter meines Kindes, meine Frau, am nächsten Tag von Schubhaft und Abschiebung bedroht wäre und meinem kleinen Sohn womöglich nur noch die Wahl bliebe, seine Mutter oder seinen Vater zu verlieren, ich weiß, dass ich dann erwarten würde, dass mindestens ein paar Dutzend Menschen in dieser wunderschönen Stadt nicht schlafen können.

    In wenigen Stunden sollen Dorentina und Daniela Komani gemeinsam mit ihrem Vater in ein für solche Fälle gechartertes Flugzeug steigen, um nach Prishtina im Kosovo abgeschoben werden. Seit sechs Jahren – also seit ihrem dritten Lebensjahr – leben sie in Österreich, sprechen perfekt Deutsch, sind, wie man so sagt, perfekt integriert. Sie sind, wenn man so will, Österreicherinnen. Und sie sind, auf jeden Fall, Wienerinnen.

    Im vergangenen Februar drohte in der kleinen vorarlbergerischen Gemeinde Röthis ebenfalls die Abschiebung einer Familie in den Kosovo. Doch sie scheiterte: Als die Fremdenpolizei im Morgengrauen vor der Tür stand, versammelten sich dort Dutzende Menschen – unter ihnen der Bürgermeister der Stadt, Norbert Mähr von der ÖVP,  der Partei von Innenministerin Fekter. „Ich werde es nicht zulassen, dass diese Familie in dieser Form delogiert wird“, stellte er sich der Fremdenpolizei entgegen – und erreichte, Fekter hin, Fekter her, den Abbruch der unmenschlichen Amtshandlung.

    In Wien, laut SPÖ der Stadt mit der höchsten Lebensqualität der Welt, hat weder Bürgermeister Michael Häupl noch irgendein anderer Vertreter der regierenden Partei bis zur Stunde auch nur irgendwas dazu geäußert, dass seit gestern früh zwei Wiener Kinder in Schubhaft anstatt morgen wie jeden Tag in der Schule sitzen. In Wien bleiben – zum Unterschied von anderen Weltstädten – rassistische Schmierereinen oft monatelang an Hauswänden stehen, weil sich der Bürgermeister weigert, etwas dagegen zu unternehmen. In Wien hat die SPÖ – anders als z.B. in Oberösterreich – einen Resolutionsantrag der Grünen für ein Bleiberecht von Arigona abgeschmettert (Bürgermeister Häupl dazu: „Gesetz ist Gesetz“ – als ob diese Gesetze nicht von der SPÖ mitbeschlossen worden wären). In Wien genehmigt die regierende SPÖ 150.000 Euro für Inserate der Stadt in rechstextremen Hetzblättern und macht damit Strache und seine Kellernazis stark. Aus einem durchsichtigen Grund: Weil die SPÖ weiß – und mir ihre Funktionäre  in privaten Gesprächen auch bestätigen – dass viele Menschen am Sonntag aus Angst vor Strache SPÖ wählen werden. Weil diese Menschen nicht wahrhaben wollen, dass sie damit erst recht den rechten Hetzer stärken werden, dessen WählerInnen – womöglich zurecht! – die Schnauze voll haben ob der Machtarroganz und Freunderlwirtschaft der seit Jahrzehnten absolut regierenden SPÖ.

    Es gibt eine einzige Möglichkeit, diesem Teufelskreis zu entkommen und ein sichtbares Zeichen gegen die machiavellistische Teile-und-Herrsche-Politik von SPÖ und FPÖ zu setzen. Es gibt eine einzige Möglichkeit, Wien wieder zu einer offenen, vielfältigen und lebenswerten Weltstadt zu machen. Es gibt eine einzige Möglichkeit, den historischen Grundwerten der Sozialdemokratie wieder zu ihrem Recht zu verhelfen: Eine Rot-Grüne Regierungsmehrheit nach dem kommenden Sonntag und damit das Gegenmodell zur Blau-Schwarzen Verluderung des Landes und auch der Sozialdemokratie seit nunmehr zehn Jahren. Dafür braucht es einen Verlust der absoluten Mehrheit der SPÖ und eine Stärkung der Grünen am kommenden Sonntag.

    Vor genau einem Jahr habe ich mich nach einem brennenden und berührenden Plädoyer für bedingungslose Menschenrechte, das Maria Vassilakou nach dem Tod eines jugendlichen Schubhäftlings gehalten hat, entschieden, für die Grünen zu kandidieren. Heute weiß ich: Nur eine Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou würde alles unternehmen, dass Wiener Kinder weder in Schubhaft kommen noch abgeschoben werden. Dafür bleibe ich wach, dafür kämpfe ich, dafür bitte ich euch mitzukämpfen. Wir haben dafür noch drei – für manche von uns schlaflose – Tage. Nützen wir sie.

    Nachtrag: Zum Abschluss möchte ich euch noch dieses berührende Statement von Statement von Hans Jörg Ulreich (Besitzer des Freunde-schützen-Hauses) nahelegen:

  • Ja, ich will…eure Vorzugsstimme!

    Ja, ich will ein ökologischeres, solidarischeres und weltoffeneres Wien. Deshalb kandidiere ich am 10. Oktober für die Wiener Gemeinderatswahlen. Mehr zu meinen Ideen dafür hier und natürlich hier im Blog.

    Und ja, ich will auch eure Vorzugsstimme. Ich kandidiere am 10. Listenplatz – nach menschlichem Ermessen ein sicheres Mandat. Warum macht eine Vorzugsstimme für mich dennoch Sinn?

    Weil Vorzugsstimmen auch das Gewicht von Themen, Inhalten und Haltungen stärken, für die ich stehe: Vor allem das Bekenntnis zu einer radikalen Demokratisierung und Öffnung aller Lebensbereiche dieser Stadt, aber auch der Wiener Grünen als Partei. Da geht’s um verbindliche Mitbestimmungsrechte in allen Bereichen der Stadtplanung, der Budgeterstellung und politischen Entscheidungsprozessen. Da geht’s um ein Informationsfreiheitsgesetz, um Open Data, Open Government und die Stärkung direktdemokratischer Elemente. Da geht’s um öffentliche Räume, Unterstützung und Informationsfluss für zivilgesellschaftliches Engagement. Um den Kampf für die Durchsetzung von Gemeinwohlinteressen anstelle eines rein profitorientierten, ausbeuterischen Wirtschaftssystems, wie ich ihn schon als Autor und Aktivist seit vielen Jahren führe. Um Geld für Bildung statt für Banken und den Kampf gegen rassistische Hetze, Sexismus, Homophobie, Repression und Überwachungsstaat. Und um ein faires, respektvolles Zusammenleben und den bedingungslosen Einsatz für Menschenrechte, ohne existierende Probleme und Konflikte schönzureden.

    Wie gibt man eine Vorzugsstimme?

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    Auf die weißen Wahlzettel (für die Gemeinderatswahl) kann man insgesamt drei Vorzugsstimmen schreiben: Wer im 2., 7., 8., 9. oder 23. Bezirk wohnt, kann mich in seinem/ihrem Wahlkreis wählen (Listen anderer Bezirke hier). Und egal wo ihr wohnt könnt ihr meinen Namen jedenfalls in die rechte Spalte schreiben  – falls sich wer die Arbeit antun will: vollständig heiße ich Klaus Werner-Lobo de Rezende, aber die Kurzform sollte reichen 😉

    Auf der Landesliste kann man übrigens zwei Vorzugsstimmen vergeben – Details dazu beschreibt Christoph Chorherr auf seinem Blog.

    Und wer mich schon vor der Wahl unterstützen möchte oder nicht wahlberechtigt ist, kann es hier Konstantin Wecker, Leo Bassi, Franz Joseph u.a. gleichtun. Es wäre mir eine Freude!

    Ja, ich will: Klaus Werner-Lobo im Wiener Rathaus

  • Leo Bassi: Yes I want!

    Ich freue mich, hier Menschen vorstellen zu können, die mich dabei unterstützen wollen, diese Stadt gemeinsam besser zu machen. Willst du dein eigenes Video aufnehmen? Dann kontaktiere mich hier oder auf Facebook!

    Vor zwei Jahren durfte ich im Wiener Orpheum mit einem meiner wichtigsten Lehrer, dem „Anarchoclown“ und Provokateur Leo Bassi bei seinem religionskritischen Stück „La Revelación“ auftreten. Heute hat Leo zum zweiten Mal in Wien sein neues Programm „Utopia“ präsentiert, in dem er einerseits das verbrecherische Handeln der Finanzoligarchien im Zuge der Bankenkrise, andererseits aber auch die Utopienlosigkeit der klassischen Linken auf die Schaufel nimmt.

    Leo war einer meiner Freunde aus der Welt des politischen Theaters, die mich sehr zu meiner Kandidatur für die Grünen Wien ermutigt haben. Auch deshalb, weil wir beide an die transformatorische und subversive Kraft des Humors glauben. Heute aber wollte er über ein Thema sprechen, das ihm, dem Weltbürger, kommunalpolitisch besonders am Herzen liegt: Mehr Mut in der Architektur für Weltstädte wie Wien.

  • Barcelona: Was kommt, wenn Rot-Grün kommt

    Wir wollen Grün-Rot für Wien. Dazu habe ich bereits hier und hier gebloggt. Denn für Wien stehen drei Koalitonsvarianten zur Auswahl – und das ist, was wirklich zählt: Die Fortsetzung der absoluten roten Freunderlwirtschaft, eine Rot-Schwarze Aufteilung der Schrebergärten und damit die Kopie der bundespolitischen Lähmung, oder der Rot-Grüne Aufbruch und damit auch mit Auswirkungen auf ganz Österreich die „Wende der Wende“ von Schwarz-Blau vor genau zehn Jahren hin zu einem nicht nur ökologischen Klimawandel, sondern einem Modell der Weltoffenheit und des respektvollen Miteinanders.

    Rot-Grün funktioniert. Auch in Wien, weil viele SozialdemokratInnen, die derzeit zwar wenig zu sagen haben aber womöglich sogar in der Mehrheit sind, das wollen. Weil wir es wollen. Weil es kommen kann, wenn Grün gewinnt und die SPÖ soviel verliert, dass die derzeitigen Machthaberer Druck von der Parteibasis kriegen. Und weil es zahlreiche Rot-Grüne Erfolgsmodelle in Europa gibt – Christoph Chorherr hat sie hier aufgezählt.

    Ja, ich will: Rot-Grün für Wien auf Facebook

    Nun hat mich ein Brief aus Barcelona erreicht: Vizebürgermeisterin und Umwelstadträtin Imma Mayol und Sozialstadtrat Ricard Gomà von der Grünen Katalonischen Partei ICV (Iniciativa per Catalunya-Verds) beschreiben darin die Erfolge der Rot-Grünen Koalition in Barcelona:

    Barcelona in red and green

    Barcelona has gone through deep changes in the last decade, and now it’s facing a new stage with a very different reality. We are facing an economic and ecologic global crisis, but locally shown through hard impacts on the most vulnerable. And not any crisis, a crisis which has been originated by the finance capitalism mess.

    In Barcelona, in the cities, the crisis statistics are not only data, they are shown through faces, trough life projects, trough languages from all over.

    We have always believed and shown our commitment to transform live trough the small quotidianity-daily changes. In coherence, we face the challenges of social change and economic crisis from a plural liberal government, based in a social and ecological programme. Neighbourhood proximity orientated. In this government, ICV provides the praxis and the values of a sustainable and shared in common Barcelona. We are doing it although it bothers the establishment, although it worries the conservative spokesmen. And we are going to keep doing it because we have the strength, the illusion and a solid project.

    A plural government is not only accompanying our partners almost elsewhere and everywhere. We also defend our project when disagreeing. Defending our values and commitments when we do not agree we are also constructing Barcelona.

    Being in government for us is not a result of less freedom. We cannot make policy without being loyal to our profile.

    Our policies have been a potent factor of inclusion, ecological change, freedoms and solidarity expansion. In this sense red-green footprint has been decisive.

    We have been now for 30 years building a particular Barcelona:

    A Barcelona which main priority has been fighting against crisis through strong policies against unemployment. Placing public investment as the engine of economic reactivation. Preserving investments in public facilities and strengthening the social and educational budget.

    A Barcelona which identity element has been fighting social exclusion. We pretend our social policy to be, not only assistancial, but strongly committed to provide independent living. Focusing on neighbourhoods, acting through community actions. Promoting complicity between our Citizen’s Commitment for an Inclusive Barcelona, a space where we want to articulate participative democracy.

    A Sustainable Barcelona. We want to strength a new culture towards water uses and clean energies, promoting efficiency and energy savings. Examples like the new Power Plant in Zona Franca, pioneer in Europe. Environmental friendly and genuine with regard proximity generation of energy. We are trying our best in sustainable waste management, extending organic waste collection to the whole of the city.

    Urban green is a structural element in our city planning. And we are moving forward towards a more sustainable and human mobility with our Bicing’s hatching. We prefer to prioritize pedestrians against cars. Promote 30km/hour zones, special social tariff for children up to 12 years, and the completely accessibility in the bus and subway network is our priority.

    A Barcelona which leads a different way of governing the territory, committed to draw together neighbourhoods, to leave behind fracturing urban planning. A Barcelona that returns to people a more friendly and human city.

    A daily nature orientated Barcelona. A city which does not only want to know about big events,but knows and learns every day to live in diversity. A Barcelona that promotes youth emancipation; that overcomes elderly loneliness. A city that advances in gender rights. And also faces the challenge of human rights, sexual freedom, peace and cooperation.

    We are proud to make an effort in a more inclusive, jointly shared and sustainable city. That is sometimes expressed in differed decisions. But we are not ready to change values for agreements. We govern the city to make it more human and liveable, this is our main goal, and that is why our social and political growth is so important. Only with more “red & green policies” we will have a different and better city.

    Ricard Gomà, President of ICV Barcelona group in the City Council and candidate to the next local elections May 2011.

    Imma Mayol, Deputy Mayor for Environment for ICV in Barcelona City Council.

  • Franz Joseph und Pascal Ndabalinze sagen: Ja, ich will!

    Ja, ich will ein ökologischeres, solidarischeres und weltoffeneres Wien. Deshalb kandidiere ich am 10. Oktober für die Wiener Gemeinderatswahlen. Mehr zu meinen Ideen dafür hier.

    Was ich aber vor allem will: möglichst viele Menschen zu ermutigen und zu ermächtigen, selbst mitzueintscheiden und mitzugestalten. Viel wichtiger als das, was ich selbst in dieser Stadt politisch erreichen möchte ist also die Frage: Was wollt ihr? Was willst du?

    Ich freue mich, hier Menschen vorstellen zu können, die mich dabei unterstützen wollen, diese Stadt gemeinsam besser zu machen. Willst du dein eigenes Video aufnehmen? Dann kontaktiere mich hier oder auf Facebook!

    Franz Joseph: Ja, ich will!

    Pascal Ndabalinze, Vorsitzender des European Network Against Racism Austria: Ja, ich will!

  • Jetzt haben wir also unseren Karikaturenstreit

    Im Mai haben die Grünen Wien gemeinsam mit der Initiative Comics gegen Rechts das erste 24 Stunden Comics gegen Rechts veranstaltet: Zwei Dutzend vorwiegend junge Menschen haben 24 Stunden lang ihre eigenen künstlerischen Ausdrucksformen gegen rassistische Hetze, AusländerInnenfeindlichkeit und rechte Politik zu Papier gebracht. Die Ergebnisse sind hier zu bewundern.

    Weil wir das Medium Comic nicht den Rechtsextremen überlassen wollen, haben wir daraufhin zum Wettbewerb Zeichnen gegen rechts aufgerufen und eine Auswahl der eingereichten Zeichnungen als Freecards gedruckt. Die Idee dahinter: Anstatt sich als Partei eine Kunstform anzueignen, wollen wir die eigenständige Intervention junger KünstlerInnen unterstützen.

    Eine der eingereichten Karikaturen fand dieser Tage den Weg in die Zeitungen und sorgt dort für Aufregung. Michael Wittmann thematisiert darin seine Wahrnehmung der Asylpolitik von Maria Fekter: Die Innenministerin der katholisch verbrämten ÖVP holt sich beim Teufel Rat über weitere Verschärfungen der Asylgesetze, der wiederum verweist auf sein „bewährtes Konsulententeam“, den in der Hölle schmorenden Diktatoren Stalin, Hitler, Pinochet und Mussolini. Heftig? Ja. Überspitzt? Auch. Seriös? Natürlich nicht, ist ja ein Comic! Zulässig? JA!!! Weil Kunst heftig, überspitzt und unseriös sein soll und darf. Und es ist Aufgabe der Politik, diese künstlerische Freiheit nicht nur zuzulassen, sondern aktiv zu fördern (siehe auch mein Blogbeitrag zu einem ebenfalls heftigen Musikvideo über den FPÖ-Chef).

    Wenn uns also der gestrige „Standard“ wegen des abgedruckten Bildes mangelnde Seriösität vorwirft, hat er offenbar den Unterschied zwischen Kunst und Politik nicht verstanden. Ist das Abschieben von Menschen in den Tod, Minderjährige in Schubhaft stecken, die Zerstörung von Familien und eine „rote Karte“ für AsylwerberInnen seriös? Ist es nicht Aufgabe kritischer KünstlerInnen, gerade hier auch auf geschichtliche Parallelen im Sinne eines „Wehret den Anfängen“ hinzuweisen?

    Erstaunlich auch der Gleichklang der Qualitätszeitung mit dem Gratisblatt „Heute“ („Grüne Entgleisung im Wahlkampf„), die ebenfalls seit Wochen jeden Kleinscheiß zum generellen Grünen-Bashing nutzt. Dem ÖVP-Generalsekretär, der dort von „Verhöhnung der Opfer des NS-Terrors und der stalinistischen Diktatur“ spricht, antwortet der Künstler Michael Wittmann auf seiner Facebookseite: „Wieso es diese Opfer verhöhnen soll, wenn Hitler und Stalin in der Hölle gezeigt werden, bleibt erklärungsbedürftig. Tatsächlich verhöhnt Kaltenegger mit seiner Intervention die Opfer fekterscher Asylpolitik, von denen er offenkundig ablenken möchte.“

    Dem ist nichts hinzuzufügen.

    Update 17h: Auch news.at berichtet. Und zwar anhand der Fakten – tut gut, mal wieder korrekt zitiert zu werden.

  • Schwanz macht geil!

    Danke für die Aufmerksamkeit. Wetten, dass dieses Posting hohe Klickraten kriegt (die höchsten auf diesem Weblog hat übrigens das da)? Sex sells! Warum also nicht auch Wahlwerbung damit machen?

    Das dachte sich zumindest die Junge Wiener ÖVP, als sie ihre aktuelle „Schwarz & machtgeil“-Wahlkampagne entwarf. War das nicht die Partei, die immer am Lautesten gegen jede Art von aufklärerischem und lustvollem Zugang zu Sexualität und gegen gleiche Rechte für alle Liebenden agitiert? Prüderie macht notgeil – und sexistisch.

    Was das ganze mit Politik zu tun hat sehen wir hier:

    Genau. Nix. Oder doch? Schauen wir uns doch mal das offensichtliche Vorbild für die Wiener Kampagne an:

    Wer jetzt noch immer nicht geil genug ist, dem sei der sexy „Christine Marek Rap-Song“ der Wiener ÖVP-Spitzenkandidatin ans Herz gelegt:

    Schwanz macht doof – wenn man ihn anstelle des Hirns verwendet.

  • Konstantin Wecker: "Ja, ich will den Lobo!"

    Sehr, sehr, sehr freue ich mich über diese Unterstützungserklärung des wunderbaren Sängers und Liedermachers Konstantin Wecker:

    ja – ich will den lobo, weil ich will, dass wien, die stadt die ich so ins herz geschlossen habe, nicht von populisten übelster gesinnung, von fremdenfeindlichen und rassistischen parolen verseucht wird. dass europa sich auflehnt gegen die menschenverachtende und mörderische ideolgie des neoliberalismus. weil ich will dass wien nicht einfältig wird, sondern vielfältig bleibt, eine weltstadt der kunst, witzig und freizügig, todessehnsüchtig und voller himmlischer melodien, dass wien eine stadt wird mit einem großen herzen für aussenseiter und spinner, minderheiten und ausgegrenzte, seitlich umgeknickte und poeten aller sprachen und jeder hautfarbe.

    ob das der lobo kann? natürlich nicht er allein, und eine partei allein schon gar nicht, aber ohne ihn wirds vielleicht noch schwerer, träume einer gerechteren welt weiterzuträumen und einiges davon in die tat umzusetzen.

    ich mach keine werbung für eine partei und misch mich in wahlkämpfe nicht ein. die deutschen grünen unterstützen deutsche kriege und das will ich ihnen nicht verzeihen.

    und die österreichischen grünen kenn ich nicht so gut, um ihnen als partei über den weg zu trauen.
    aber parteien werden von menschen gemacht und soweit ich das überblicke ist der lobo ein mensch. einer der sich was traut, der sich auskennt und bereit ist für seine überzeugung zu kämpfen.

  • Martin Amanshauser und Saxo Lady sagen: Ja, ich will!

    Ja, ich will ein ökologischeres, solidarischeres und weltoffeneres Wien. Deshalb kandidiere ich am 10. Oktober für die Wiener Gemeinderatswahlen. Mehr zu meinen Ideen dafür hier.

    Was ich aber vor allem will: möglichst viele Menschen zu ermutigen und zu ermächtigen, selbst mitzueintscheiden und mitzugestalten. Viel wichtiger als das, was ich selbst in dieser Stadt politisch erreichen möchte ist also die Frage: Was wollt ihr? Was willst du?

    Ich freue mich, hier Menschen vorstellen zu können, die mich dabei unterstützen wollen, diese Stadt gemeinsam besser zu machen. Willst du dein eigenes Video aufnehmen? Dann kontaktiere mich hier oder auf Facebook!

    Martin Amanshauser: Ja, ich will!

    Saxo Lady: Ja, ich will!

  • Standard-Gastkommentar: Warum die Grünen streiten

    Im heutigen Standard versuche ich zu erklären, warum Streiten die Basis der Demokratie ist. Und wieso Hans Rauscher mit seiner zuletzt mehrfach erläuterten These, dass „Basisdemokratie das Gegenteil von Demokratie“ ist, unrecht hat.

    Vor einem Jahr veröffentlichte diese Zeitung die alarmierenden Ergebnisse der politischen Langzeitstudie „Die ÖsterreicherInnen – Wertewandel 1990-2008“: Nur jeder zweite Österreicher sei mit der Art, wie die Demokratie hierzulande funktioniert, zufrieden. Vier von zehn meinten, Demokratien seien „entscheidungsschwach“ und produzierten „zu viel Zank und Hader“. Ein Fünftel der Bevölkerung wünschte sich sogar „einen starken Führer, der sich nicht um ein Parlament und um Wahlen kümmern muss“. Nur 14 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher haben noch Vertrauen in politische Parteien. Studien-Ko-Autor Christian Friesl, dazu: „Es ist ihre Aufgabe, diesen Wert wieder zu heben.“

    Ist es. Politik- und Demokratieverdrossenheit ist nicht die Schuld „dummer“ Staatsbürger, sondern einer politischen Elite und mancher Medien, die die Leute für dumm verkaufen. Aktuelle Beispiele aus Wien: Schein-Bürgerbeteiligung mit anschließendem Drüberfahren über Anrainerinteressen am Augartenspitz, die Volksbefragung mit suggestiven No-na-Fragen, die Weigerung, den Rechnungshofbericht über die Verschleuderung hunderter Steuermillionen beim Skylink-Debakel zu veröffentlichen, weitere hundert Millionen zur Selbstbeweihräucherung der Stadtregierung – all das trägt zu dem diffusen Gefühl bei: Die da oben machen sowieso, was sie wollen. Und treibt die Menschen antidemokratischen Kräften in die Arme.

    Lautstärke justieren

    Demokratie aber heißt: den Bürger als Souverän respektieren. Ihn mitreden lassen, in Entscheidungsprozesse einbinden, Bürgerinteressen als verbindlich betrachten, sich auf die Finger und in die Akten schauen lassen – also Macht abgeben. Es bedeutet auch: offene und öffentliche Diskurse führen und um Positionen und Haltungen streiten.

    Ja, Demokratie heißt auch streiten. In einer Parteiendemokratie, bei der man als Wähler ohnehin nur alle paar Jahre das Recht hat, sich für ein Gesamtpaket – das „geringste Übel“ – zu entscheiden, muss Demokratie auch innerparteilich gelebt werden.

    Bei den Grünen gilt von der Listenerstellung für Wahlen bis zur thematischen Schwerpunktsetzung deshalb das Prinzip der Basisdemokratie. Mitglieder und teilweise sogar Nichtmitglieder, die die Grünen unterstützen wollen, dürfen mitreden, mitbestimmen und mitstreiten. Gemeinsam streiten sie für eine bedingungslose Achtung von Grund- und Menschenrechten, für Umwelt- und Klimaschutz, für soziale Gerechtigkeit, für Weltoffenheit, Vielfalt und Vielsprachigkeit, für Mitbestimmung und ein gutes Leben – und sie streiten mit Verve gegen Hass, Hetze, Rassismus und Kleingeistigkeit. Manche, in Wirklichkeit erstaunlich wenige, streiten um Posten, Anerkennung und verletzte Eitelkeiten.

    Die stehen dann in der Zeitung. Das ist nur zum Teil die Schuld einer voyeuristischen Mediengesellschaft, die allen Ernstes dem Klima in einem Bezirksparteilokal mehr Bedeutung gibt als politischen Vorschlägen gegen den globalen Klimawandel. Es ist aber auch unsere eigene Schuld, weil zu guter demokratischer Streitkultur ein hohes Maß an Wertschätzung und ein gedämpfteres Maß an Lautstärke gehört. Ich zum Beispiel streite sogar mit meiner Frau, aber sie verlangt zu Recht von mir, dass ich das zu Hause und nicht auf der Straße tue.

    Wenn aber nun eine Zeitung von uns verlangt, „den Fetisch Basisdemokratie endlich zu entrümpeln“, weil „die mächtige Basis mit ihren oft erratischen Wahlentscheidungen politisches Handeln schwierig macht“ und Menschen, die ihre Freizeit in politische Mitgestaltung investieren gar zu „kleinen Stalins“ (Zitat Hans Rauscher) erklärt, dann reizt mich das schon wieder zum Streiten. Weil es mich an jene eingangs erwähnte Wertestudie erinnert, die nach starken Führern auf Kosten der, ja, erratischen und konfliktreichen Demokratie ruft.

    Demokratie hat ihren Preis – auch den, dass man mit Konflikten zurande kommen muss und hin und wieder über die eigenen Ansprüche stolpert. Der Lohn auf breiter Basis getroffener Entscheidungen ist ihre Nachhaltigkeit und Verlässlichkeit: Während autoritär strukturierte Parteien ihre Grundsätze – egal ob sozialdemokratisch oder christlich-sozial – täglich über Bord werfen, wird man sich bei den Grünen auch dann auf ihre Nichtkorrumpierbarkeit verlassen können, wenn sie sich den Futtertrögen der Macht nähern: weil im Extremfall die vielgeschmähte Basis einschreiten würde.

    Demokratie braucht aber auch die permanente Erneuerung ihrer selbst. Natürlich müssen die Grünen der Parteispitze Durchsetzungsfähigkeit, Schlagfertigkeit und im Falle einer Regierungsbeteiligung auch Kompromissbereitschaft zugestehen, gleichzeitig aber auch die Basis verbreitern, neue Milieus erschließen und möglichst viele Menschen aktiv zur Mitgestaltung ermutigen – auch bei der Listenerstellung. Viel mehr aber sollten wir über die Erneuerung unseres gesamten demokratischen Systems und um die Stärkung partizipativer und plebiszitärer Elemente reden: In Hamburg konnte man kurzzeitig Kandidaten auch unterschiedlicher Parteien direkt wählen. In Salzburg kann die Bevölkerung relativ leicht Volksbegehren und Volksabstimmungen erzwingen. In Porto Alegre, Sevilla sowie in Kölner und Berliner Bezirken bestimmen überhaupt die Bürger selbst, wofür ihre Steuern verwendet werden.

    Es geht um Transparenz, demokratische Bildung und verbindliche Bürgerbeteiligung, und zwar für alle. Denn wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf. Die Grünen streiten vielleicht, aber sie schlafen nicht.