Schlagwort: Wien

  • Liebe SPÖ! Wir wollen Grün-Rot, und was wollt ihr?

    gruenewienlogospoe_logoMaria „vass we can!“ Vassilakou did it, und zwar im letzten Falter: Sie hat, und das ist in der österreichischen politischen Landschaft sechs Monate vor einer Wahl eine absolute Premiere, eine klare Koalitionsansage gemacht: „Österreich braucht endlich ein Gegenmodell zu Rot-Schwarz. Rot-Grün in Wien wäre so ein Neubeginn.“ Und weiter: „Wer jetzt Rot-Grün will, muss Grün wählen.“

    Ja, ich will. Ich will Grün-Rot. Nicht weil ich die Wiener SPÖ so super finden würde. Im Gegenteil. Und noch weniger weil ich mir das Leben als Abgeordneter einer Regierungspartei so super vorstelle (im Gegenteil, das Leben als Minderheitspartei in einer Regierung mit der SPÖ ist wahrscheinlich wesentlich ungemütlicher als erste Reihe fußfrei auf der Oppositionsbank zu sitzen).

    Sondern weil ich angetreten bin, um an einer Veränderung dieser Stadt mitzuwirken. Ich will, dass Wien – derzeit (auch dank der SPÖ) eine der reichsten, saubersten und bestverwalteten, aber auch eine der unfreundlichsten, grantigsten und engstirnigsten Metropolen des Planeten – eine demokratische, offene, lebendige und fröhliche Weltstadt wird, eine Stadt ohne Armut und ohne Hetze gegen Minderheiten, ein europaweites Vorbild in Sachen Klimaschutz, Chancengleichheit, Vielfalt und Demokratie.

    Die SPÖ weiß, dass mit uns, den Grünen, Freunderlwirtschaft, Packelei und das Drüberfahren über Grund- und Minderheitenrechte nicht mehr gehen. Deswegen spekulieren Häupl und Co. für den wahrscheinlichen Fall des Verlustes der absoluten Mehrheit mit einer Schwarz-Roten Koalition, mit Nettig, Pröll und Raiffeisen. Sie fürchten sich sogar so vor Grün-Rot, dass sie wider besseres Wissen die absurdeste aller Lügengeschichten zu verbreiten versuchen: „FPÖ, ÖVP und Grüne packeln, um SPÖ-Bürgermeister zu verhindern!“ und eine „Chaos-Koalition“ zwischen (extremen) Rechten und Grünen an die Wand malen. Da kann man nur mehr mit Robert Misik fragen: „Wieso seids ihr eigentlich derart deppert?

    Natürlich gibt es auch auf Grüner Seite Bedenken gegen Grün-Rot: Sollte man sich wirklich dieser verkrusteten, verwahrlosten SPÖ an die Brust werfen? Sollte man nicht lieber sagen „nicht mit DIESER SPÖ, sondern nur mit einer, die sich fundamental ändert?“

    Dem halte ich entgegen: Eh klar. Aber:

    • DIESE, also  die verkrustete, verwahrloste Häupl-SPÖ will eh nicht mit uns, sondern mit den Schwarzen. Grün-Rot gibt’s nur, wenn die SPÖ soviel verliert, dass sie gegen 40 Prozent rutscht, und die Grünen deutlich zulegen. Denn nur dann werden jene Kräfte innerhalb der Wiener SPÖ, die ebenfalls Veränderung wollen (also die GUTE SPÖ) die Oberhand gewinnen. Das heißt: Auch SozialdemokratInnen, die Rot-Grün wollen, werden am 10. Oktober Grün wählen.
    • Und: Sollte es tatsächlich Grün-Rot geben, ergibt sich die die Veränderung der SPÖ von selbst. Denn nur dann – und das werden mir alle meine sozialdemokratischen FreundInnen bestätigen – setzen sich die GUTEN SP-ler in sozial-, umwelt-, demokratie- und grundrechtspolitischen Fragen gegen die Betonierer durch. Grauslichkeiten wie etwa das Bettelverbot, für das sich zahlreiche Rote ohnehin genieren, wären bei Grün-Rot undenkbar – nicht nur wegen der Grünen, sondern weil der rechtspopulistische Betoniererflügel der Altherren-SPÖ an Einfluss verlieren würde.

    Deswegen – für Wien und für alle die in dieser Stadt gut leben wollen, aber nicht zuletzt auch für die Zukunft der Sozialdemokratie, will ich Grün-Rot. Und ich werde – unter anderem hier – das meine dazu beitragen, bis zur Wahl am 10. Oktober so etwas wie eine Grün-Rote Vision zu zeichnen. So, und weil’s so schön ist gleich nochmal, liebe SPÖ: Ja, ich will Grün-Rot. Und was wollt ihr?

    Ja, ich will: Rot-Grün für Wien!

  • Freie Radios: Bettelverbot in Wien – ein Triumph des Rechtskonservatismus?

    Radio Dreyeckland aus Freiburg hat mich über das Wiener Bettelverbot interviewt. Die sechsminütige Sendung ist Creative-Commons lizenziert, kann also weitergegeben und weiterverwendet werden.

    Kurzbeschreibung

    Am 26. März wurde auf Initiative der Sozialdemokraten ein „Bettelverbot“ für Wien beschlossen.

    „Solche Gesetze sind fast schon faschistisch“, meint Klaus Werner-Lobo zum Bettelverbot in Wien. Dass Menschen eingesperrt werden dürfen, weil sie schlecht gekleidet sind, oder andere Menschen um Geld bitten müssen, kann der Autor von Büchern wie „Uns gehört die Welt! Macht und Machenschaften der Multis“ nur verurteilen.

  • Augarten: Eine Wiener Geschichte von Freunderlwirtschaft zulasten der Bevölkerung

    Finanzmanager Peter Pühringer und Sängerknaben-Chef Walter Nettig wollen sich am Augartenspitz ein Denkmal setzen – gegen die erklärten Interessen von AnrainerInnen und Stadtbevölkerung, dafür aber mit Unterstützung durch Nettig-Freund Michael Häupl. Nach einer gewaltsamen Räumung wurde einer der schönsten Flecken Wiens nun gerodet und mit Stacheldraht umzäunt.

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    Die brutale Opferung öffentlichen Raums für Privatinteressen könnte für die Wiener SPÖ aber ein Pyrrhussieg werden: Der Widerstand hält an, und dem Bürgermeister droht ausgerechnet im Wahljahr ein „kleines Hainburg“ – mitten in der Stadt.

    Eine gute Analyse des „bloßen Machtspiels“ von Häupl und Nettig bringt die heutige Wiener Zeitung:

    Konzertsaal der Sängerknaben zeigt, dass gut gemeint meist nicht gut ist

    Von Reinhard Göweil

    Am Anfang stand eine noble Geste: Die Privatstiftung des Finanzmanagers Peter Pühringer schenkt 2004 den Wiener Sängerknaben fünf Millionen Euro. Damit soll eine eigene Spielstätte mit 500 Sitzplätzen errichtet werden. Das Erstprojekt sieht vor, sie unterirdisch – neben dem Palais im Augarten in Wien-Leopoldstadt – zu errichten. Grundwasser-Probleme und die Sorge um den alten Baumbestand im Augarten lassen die Kosten auf 18 Millionen Euro schnalzen. Das Projekt scheitert.

    Doch warum fünf Millionen Euro für eine Spielstätte einfach liegen lassen? Also wird ein neues Projekt oberirdisch geplant – als architektonisches „Landschaftsrelief“ im Bereich Augartenspitz. Auch dieses Projekt scheitert an der Finanzierung. Zudem unterliegt der Wiener Augarten den Denkmalschutz-Bestimmungen. Und das Denkmalamt verkleinert das Projekt. Trotzdem wird von den Sängerknaben verbissen daran festgehalten. Die Pühringer-Privatstiftung ist mittlerweile bereit, zwölf Millionen Euro bereitzustellen. Warum noch mehr Geld einfach liegen lassen?

    Kulturmanager melden sich zu Wort und hinterfragen die Sinnhaftigkeit des Projektes der Sängerknaben: Es gebe ausreichend Konzertsaal-Kapazitäten in Wien, und die Sängerknaben müssten nicht unbedingt im Augarten auftreten. Eine Bürgerinitiative bildet sich, um gegen den Bau zu protestieren. Einer der Einwände: Es gibt kein Verkehrskonzept für die Veranstaltungen und vor allem keine Parkplätze. Die Pühringer-Stiftung macht auch dazu Vorschläge, allerdings müsste eine Straßenführung geändert werden. Das ist der Gemeinde Wien zu aufwendig.

    Die Bürgerinitiative „Rettet den Augartenspitz“ bekommt Zulauf, Künstler engagieren sich. Wir befinden uns im Jahr 2007, die Gemeinde ist skeptisch.

    Im Jahr 2008 wird der frühere Wiener Wirtschaftskammer-Chef Walter Nettig Präsident der Wiener Sängerknaben. Nettig hat exzellente Kontakte ins Wiener Rathaus, vom Bürgermeister abwärts. Mit seinem Einsatz beginnen sich die Dinge (wie etwa die Baugenehmigung) zu beschleunigen, allerdings auch der Konflikt mit den Gegnern des Projekts. Er kumuliert mit der polizeilichen Räumung der Baustelle.

    Aus der ursprünglich noblen Geste ist ein bloßes Machtspiel geworden. Aus den ursprünglich architektonisch interessanten Entwürfen ist ein bloßer Konzertsaal geworden. Die Baugrube ist nach der Rodung der Bäume abgesperrt und wird 24 Stunden bewacht. Gegner kampieren davor, sind in Facebook aktiv. Idylle schaut anders aus.

    Ein schlüssiges Verkehrskonzept gibt es immer noch nicht – Busse sollen beim Prater parken. Die Frage, ob der Konzertsaal benötigt wird, ist ebenfalls unbeantwortet. Ach ja – die Sängerknaben geben von jetzt bis Ende Oktober 31 Konzerte in Wien, die meisten davon in der Hofburgkapelle und im Musikverein.

  • Grüncamp #2 – "Netzwerke für den Grünen Wahlkampf nutzen und erweitern"

    Die Grünen Wien wagen gemeinsam mit UnterstützerInnen ein neues Experiment: Das Grüncamp – eine Veranstaltungsreihe und Vernetzungsplattform, bei der ihr eure Ideen zum Wiener Wahlkampf beitragen könnt.

    Das erste Grüncamp am 20. Februar war ein voller Erfolg: 120 Menschen diskutierten unter anderem, wie wir mit mehr Menschen ins Gespräch kommen, Jugendliche für den Kampf gegen Rechts gewinnen und Grüne Ideen anschaulicher gestalten können (siehe auch Bericht auf derstandard.at). Viele Projekte wurden bereits von einer Jury ausgewählt und werden von den Grünen Wien aktiv unterstützt. Mehr über diese Projekte demnächst.

    Am 23.4. geht’s bereits weiter mit dem nächsten Grüncamp: Diesmal wollen wir Tools entwickeln, um Netzwerke für den Grünen Wahlkampf zu nutzen und zu erweitern.

    homenetworkNetzwerke bestimmen unser Leben und unsere politischen Entscheidungen. Denn Netzwerke sind nichts anderes, als die Beziehungen, die wir zu unserer Umwelt unterhalten. Wer wir sind, was wir sind, was wir erleben, was wir mit anderen teilen und wie wir uns dabei fühlen, ist weitgehend von unseren wirtschaftlichen, sozialen oder privaten Beziehungen bestimmt. In unserem Berufsleben, in unseren Partnerschaften, Freundschaften und Interessen sind wir von diesem Netz von Beziehungen geprägt. Aus ihm beziehen wir die Informationen, auf deren Basis wir Entscheidungen treffen und unser Leben gestalten. Beziehungen entscheiden über unseren Erfolg und den Ausgang unserer Unternehmungen.

    Wie können wir im Wahlkampf Netzwerke nutzen und erweitern, um zu einem Wahlerfolg der Wiener Grünen beizutragen? Wie entstehen politische Meinungen, Stimmungen und Trends und wie können wir sie beeinflussen? Dafür wollen wir beim Zweiten Grüncamp Tools und Projekte entwickeln – und dafür sind Eure Ideen gefragt! Also Ideen, wie wir mithilfe privater und beruflicher Beziehungen, in Communities, alten und neuen Medien Grüne Themen, Geschichten und Zukunftsvisionen weiterverbreiten und andere Menschen zum politischen Engagement und letztendlich zur Wiener Wahl mobilisieren können. Ob online oder „in real live“ ist egal. Was zählt, sind Kreativität, Engagement und Mobilisierungscharakter.

    Zu Beginn des Grüncamps wird Christian Gulas von FAS.research – Network Analysis for Science and Business eine Einführung in Netzwerkanalyse im Hinblick auf die Wiener Wahlen und die Möglichkeiten der Wiener Grünen geben. Und dann geht’s ans Netzwerken: Jeder und jede kann seine oder ihre Ideen vorstellen und dafür Verbündete suchen. Die besten davon sollen dann gemeinsam mit den Grünen Wien in Form von konkreten Wahlkampfprojekten umgesetzt werden.

    Zeit: Freitag, 23. April 2010 von 17:00 bis 21:00
    Ort: Grünes Haus, Lindengasse 40, 1070 Wien

    Grüncamp auf Facebook

    Grüncamp auf Twitter

    Save the date: Am 29. Mai 2010 findet von 14-18h das 3. Grüncamp zum Thema „Was kommt, wenn Grün kommt – Bilder und Geschichten für die Weltstadt Wien“ statt!

  • "Die Polizei ist die Mafia"

    Nochmal zum Thema Bettelverbot: Ob der Wiener SPÖ bei der Abstimmung am Freitag bewusst war, wie sehr sie das Leben dieser Menschen verschlimmern? Und ob es ihnen einfach wurscht war?

  • Der Standard: Sozialdemokratische Verwahrlosung

    Heute erschien im Standard ein Gastkommentar von mir über das Bettelverbot:

    Assoziationen zur politischen Semantik eines Begriffs und zum Zustand einer Partei anlässlich der Verschärfung des Wiener Sicherheitsgesetzes – von Klaus Werner-Lobo

    Nein, ich habe mich nicht verschrieben: Die Wiener SPÖ (und nicht nur die FPÖ, die dazu allerdings heftig applaudiert) betreibt neuerdings Armutsbekämpfung, indem sie die Armen bekämpft, polizeilich verfolgt und fürs Armsein bestraft.

    Heute, Freitag, wird sie einen Initiativantrag in den Landtag einbringen, der erstens das gewerbsmäßige Betteln unter Strafe stellt und zweitens der Polizei die Wegweisung von Bettlern und anderen Randgruppen aus dem öffentlichen Raum – noch mehr als bisher schon – erleichtern soll. Darunter fallen für die SPÖ auch Personen mit „verwahrlostem Auftreten“ , konnte man bis vor kurzem in der Begründung des Antrags lesen. Ob die solcherart definierte Zielgruppe auch moralisch heruntergekommene Parteifunktionäre einschließt, war dem Schriftstück nicht zu entnehmen.

    Bettelnde Menschen passen jedenfalls „nicht in ein modernes Stadtbild“ , wie der Kurier per Online-Umfrage sogleich erhob. Sie humpeln über saubere Einkaufsstraßen und lauern vor Supermärkten: Vor allem Menschen aus Osteuropa, die um ein paar Euro betteln oder Straßenzeitungen verkaufen. Manche haben ihre Kinder in Lumpen gewickelt oder entblößen die Stümpfe amputierter Gliedmaßen, ihr klagendes „Bitte, Bitte“ bohrt sich in die Gehörgänge der Passanten. Ein unangenehm nachklingender Fehlton im pulsierenden Sound dieser blitzblank verwalteten Metropole. Ein Geschwür im Körper der angeblich lebenswertesten Stadt der Welt. Und es werden immer mehr. (mehr …)

  • SPÖ stellt noch klarer: Es geht nicht um Verstümmelte, es geht um unbequemes Sitzen!

    Siegi Lindenmayr ist ein Mann der klaren Worte. Als Replik auf eine Stellungnahme der Wiener Bettellobby zum geplanten Bettelverbot der Wiener SPÖ hat er zunächst „das Herankarren von moldawischen Bettlern, die sich absichtlich verstümmeln und danach organisiert das erbettelte Geld abnehmen lassen“ behauptet und unter anderem mit dem notwendigen Vorgehen gegen die Opfer (!) die Gesetzesänderung begründet („Denn genau gegen diese Gruppe bzw. deren Hintermänner richtet sich die Änderung des Gesetzes.“)

    Offenbar hat er diese Selbstverstümmlerbanden frei erfunden, um Stimmung gegen BettlerInnen zu machen. Auf meiner Facebookseite schreibt er nämlich nun:

    Mein Kommentar war im medizinischen Sinn sicher unkorrekt, das tut mir leid. Und ich antworte Ihnen/dir gerne, um Missverständnisse zu vermeiden. Ich hatte u.a. z. B. jene Person vor Augen, die sich – bevor die Umbaumaßnahmen auf der Friedensbrücke begonnen hatten – in der Mitte der Brücke auf ein Bein gesetzt hatte um vorzutäuschen, es gäbe nur mehr das andere. Nach ein paar Stunden sitzen kann das vermutlich nachhaltige Beeinträchtigungen für das eine Bein nach sich ziehen. Das meinte ich und nicht, dass sich jemand die Beine abhackt. Oder jene Person, die mit Krücken unter dem Arm die Althanstraße recht flott entlang gegangen und ab dem Julius Tandler Platz mit den Krücken nur mehr gehumpelt ist. Ich möchte Ihnen/dir gegenüber hiermit meine Wortwahl präzisieren bzw. richtigstellen.
    Ich bin in meinem Bezirk häufig zu Fuß unterwegs und kann zumindest diese Beispiele aus eigener Wahrnehmung festhalten. Wenn nötig, kann ich auch gerne den Inhalt aus Zwiegesprächen zwischen Bettlern und mir am Julius Tandler Platz (=Franz Josefsbahnhof) wiedergeben.

    Siegi Lindenmayr ist von Beruf Klubobmann der Wiener SPÖ.

  • Bettelverbote und die Verwahrlosung der Wiener SPÖ

    Als Erster hat der Grüne Landtagsabgeordnete Martin Margulies darauf hingewiesen: Die Wiener SPÖ möchte in der Landtagssitzung am 26. März einen Initiativantrag zur polizeilichen Verfolgung von BettlerInnen einbringen. In Zukunft sollen all jene des Ortes verwiesen werden, die „andere Personen beim widmungsgemäßen Gebrauch von öffentlichen Einrichtungen unzumutbar beeinträchtigen“.

    sipolbettelei11Wer damit gemeint ist, kann in der Begründung nachgelesen werden: Obdachlose, DrogenkonsumentInnen, bettelnde Menschen, Menschen mit „verwahrlostem Auftreten“.  Außerdem soll das „gewerbsmäßige Betteln“ verboten werden: Betteln soll „sofern die Absicht der wiederkehrenden Begehung zur Verschaffung einer fortlaufenden Einnahmequelle zu bejahen ist, strafbar sein.“ Was in der Praxis bedeutet, dass alle BettlerInnen, aber auch Personen, die der Polizei aufgrund ihres nonkonformistischen Aussehens nicht zu Gesicht stehen, mit dem Verweis von öffentlichen Plätzen oder Geldstrafe von bis zu 700 Euro bzw. Freiheitsstrafe von bis zu einer Woche rechnen müssen.

    Das heißt: Statt Armut zu bekämpfen hat sich die Wiener SPÖ nun entschieden die Armen zu bekämpfen. Und erntet dafür tosenden Applaus der FPÖ. Durch die Begriffsbestimmung werde schließlich nahezu jede Form der Bettelei, die derzeit in Wien auftrete, unter Strafe gestellt, jubelt auch die ÖVP, obwohl die SPÖ behauptet, kein generelles Verbot des Bettelns einführen zu wollen. Der „Kurier“ startete gar eine Umfrage: „Fühlen Sie sich von Bettlern belästigt?“ – „Ja, Bettler gehören nicht in ein modernes Stadtbild“, antworteten knapp 70 Prozent von 72 LeserInnen, die bis heute mitgestimmt haben.

    Die Straßenzeitung „Augustin“ erinnert an die Kategorisierung von „Verwahrlosten“ im Wien des Nationalsozialismus und erinnert die Häupl-SPÖ: „Vor hundert Jahren hätte die Sozialdemokratie gegen eine solche Armeleute-Bekämpfungs-Justiz einen Generalstreik diskutiert.“ Auch die Wiener Bettellobby verurteilt den Gesetzesentwurf scharf: „Die (…) Erweiterung der Wegweisung zeugt  von einer in Wien – seit der nationalsozialistischen Verwaltung – noch nie da gewesenen Intoleranz gegenüber Menschen, die von Armut betroffen, suchtkrank bzw. nicht Mainstreamkonform sind.“

    Als ich auf Facebook auf die ethische Verwahrlosung der Wiener SPÖ hinwies, konterte deren Klubobmann Siegi Lindenmayr nur patzig „dass sich Quereinsteiger besonders bemühen müssen, bei den etablierten Basis-Grünen Fuß zu fassen“. Auf inhaltliche Argumente ging er nicht ein. Zwei Kommentatoren warfen den Grünen – die als Einzige nächste Woche gegen den SP-Antrag stimmen werden – vor, „Leute, die organisierte Bettlerei (…) stört, nicht ernst zu nehmen“ bzw. „ins rechte Eck“ zu stellen. Das haben die Grünen zwar mit keinem Wort getan, sondern nur – zugespitzt, aber völlig zurecht – die Wiener SPÖ. Außerdem dürften noch immer viele Menschen ein paar Mythen über „organisiertes Betteln“ in Wien aufsitzen, die z.b. hier aufgeklärt werden.

    Außer Streit steht, dass alle Formen von Menschenhandel und Ausbeutung unabhängig von der sozialen Herkunft der TäterInnen professioneller und vor allem strukturell nachhaltiger bekämpft werden müssen (wozu der vorliegende Gesetzesentwurf allerdings rein gar nichts beiträgt!). Warum muss man das bei Bettlern eigentlich dazusagen, nicht aber z.B. bei organisierten Bankern? Ich stelle hier auch die Frage, mit welchem Recht sich Mittelstandsangehörige, die sich in ihren Berufen erfolgreich organisieren, Menschen, die am unteren Rand der Gesellschaft überleben wollen, das Recht zur Organisation absprechen? Und warum auch sonst kritische Geister bei sozial Benachteiligten „organisiert“ offenbar gleich als „kriminell organisiert“ denken?

    buffonOder noch konkreter, wie es Philipp Sonderegger ausdrückt: „Wessen Komplize bin ich?“ Und weiter: „Das perfide an diesem Vorhaben (der Wiener SPÖ, Anm.) ist, dass eine nachvollziehbarer Empfindung mißbraucht wird, um eine unbillige Maßnahme durchzusetzen. Man muß verwahrloste Menschen nicht unbedingt mögen, aber hier wird die Abneigung gegen Randgruppen instrumentalisiert, um die Privatisierung des öffentlichen Raums voran zu treiben.“

    Dagegen wehren wir uns. Und zwar in Form eines Flashmobs am 26. März, dem Tag der Landtagssitzung, ab 9 Uhr vor dem Wiener Rathaus (Eingang Liechtenfelsgasse): Kommt so verwahrlost wie möglich, um gewerbsmäßig (allfällige Einnahmen kommen der „Bettellobby“ zugute) gegen dieses Gesetz und die ethische Verwahrlosung und den Rechtsruck der Wiener SozialdemokratInnen zu betteln!

    Leseempfehlung:

  • Jetzt geht's los: Grüncamp!

    gruencampWie vor einem Monat angekündigt wagen die Grünen Wien gemeinsam mit UnterstützerInnen ein neues Experiment: Das Grüncamp – eine Veranstaltungsreihe und Vernetzungsplattform, in der ihr eure Ideen zum Wiener Wahlkampf beitragen könnt.

    Am Samstag findet das Auftakt-Grüncamp in der Lindengasse 40 im 7. Bezirk statt. Willkommen ist jede/r, der oder die zu einem positiven Wahlergebnis der Grünen bei der Wiener Landtags- und Gemeinderatswahl am 10. Oktober 2010 beitragen will. Ob ihr eigene Projekte und Ideen einbringt, euch vernetzen oder einer bzw. einer der anwesenden Grünen KandidatInnen Feedback geben wollt – alles ist willkommen!

    Was passiert beim Grüncamp?

    Pünktlich um 14 Uhr werden unsere Spitzenkandidatin Maria Vassilakou, Landesgeschäftsführer Robert Korbei und ich ein paar Einblicke in unsere Erwartungen ans Wahljahr geben. Im Anschluss daran könnt ihr Eure Projektideen für den Wahlkampf vorstellen – oder Euch einer oder mehreren Ideen anschließen, mitdiskutieren und mitplanen. Jene Ideen, für die sich mindestens drei Verbündete finden, werden ab ca. 17 Uhr im Plenum vorgestellt. Ab 18:30 gibt es dann noch einen gemütlichen Chillout mit DJ Andi Jantsch.

    Mithilfe einer Jury (bestehend aus Nicky Bäck, Stefan Freytag, Robert Korbei, Jutta Reichenpfader, Marie Ringler, Angela Stoytchev, Maria Vassilakou, Klaus Werner-Lobo, Babsi Wittinger und Susanne Zöhrer) wollen die Grünen die besten Ideen aufgreifen und aktiv unterstützen, und zwar anhand folgender Leitlinien:

    • Ist ein sinnvoller Beitrag im Gemeinderatswahlkampf 2010
    • Lässt sich in die bestehende Wahlkampfplanung einbetten
    • Ist mit verhältnismäßigem Ressourceneinsatz umsetzbar (Finanzen, Material, Personen, Know How)
    • Hat Mobilisierungscharakter
    • Beinhaltet interaktive, partizipative Elemente
    • Innovation und Kreativität
    • Öffentlichkeitswirksamkeit
    • ProjektideengeberIn hat mindestens 3 Verbündete für die Umsetzung gefunden

    Die Jury wird dann ihre Entscheidung innerhalb von drei Wochen auf http://gruencamp.at bekannt geben.

    Das Wichtigste am Grüncamp wird aber die Vernetzung mit Gleichgesinnten sein. Denn nur gemeinsam können wir für eine sozial gerechte, ökologisch nachhaltige, offene und vielfältige Weltstadt Wien kämpfen!

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