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Profil: „Erz-Rivalen“

Rohstoffhändler aus Österreich und Deutschland kämpfen um ein Bergwerk im Kongo – mit allen Mitteln.

So unspektakulär das Zeug aussieht, so wertvoll ist es: Am Rand von Lueshe im Osten der Demokratischen Republik Kongo wühlen Arbeiter bräunliche Erzbrocken aus der Erde – Pyrochlor, chemische Formel (Na,Ca)2Nb2O6(OH,F), von Geologen erstmals im Jahr 1826 untersucht und beschrieben. Nach seiner Entdeckung war Pyrochlor für die Menschheit lange Zeit uninteressant.

Doch dann kamen die Raumfahrt und die moderne Rüstungstechnik. Inzwischen zählt das Erz, das unter anderem als Basis für extrem hitzebeständige Superlegierungen dient, zu den begehrtesten Rohstoffen der Welt. Der Krieg, der in den vergangenen Jahren im Kongo tobte, wurde nicht zuletzt um Ressourcen wie Pyrochlor gefochten: Regierung, verschiedene Rebellengruppen und mehrere Nachbarländer kämpften um Abbaugebiete, Millionen Menschen kamen ums Leben.

Das große Gemetzel gilt seit 2003 offiziell als beendet. Jetzt herrscht in den Wäldern des Kongo ein anderer Konflikt: Es geht um die Pyrochlormine von Lueshe, und die verfeindeten Parteien stammen aus Österreich und Deutschland – zwei Rohstoffhändler, die beide das Schürfrecht beanspruchen.

Der Österreicher: Michael „Mike“ Krall, Geschäftsführer der Gesellschaft Krall Métal Congo, mit Kupferexporten aus Zentralafrika reich geworden.

Der Deutsche: Karl-Heinz Albers, Ex-Geschäftsführer der Societé Minière du Kivu (Somikivu), die bereits in den achtziger Jahren zur Ausbeutung der Bodenschätze von Lueshe gegründet wurde.

Betrogen. Krall fühlt sich von Albers um wenigstens 16,7 Millionen Euro betrogen und hat ihn bei der OECD, beim deutschen Bundeskriminalamt und diversen anderen Behörden angezeigt. Assistiert wird ihm dabei vom Wiener Unternehmer Thomas Eggenburg, der in der Affäre das Sprachrohr Kralls gibt und mittlerweile selbst eine eigene einschlägige Gesellschaft gegründet hat: Die Congo Mining Holding GmbH.

Im Kongo sei eine „himmelschreiende Ungerechtigkeit“ im Gang, wettert Eggenburg – und die bestehe in der „furchtbaren Ausbeutung der Bevölkerung“. Was da so zum Himmel schreit, begann im Jahr 1993, als der Kongo noch Zaire hieß.

Damals wurde die Mine von Lueshe aufgrund der Kampfhandlungen zwischen den Regierungstruppen des kongolesischen Diktators Mobutu Sese Seko und den Guerillas von Rebellenführer Laurent Kabila stillgelegt. Vier Jahre später stürzte Mobutu, Kabila kam an die Macht, und Albers schickte sich an, die Pyrochlor-Förderung wieder aufzunehmen. Doch Präsident Kabila hatte andere Pläne: Im November 1999 vergab er die Schürf-Konzession an die Unternehmensgruppe von Krall.

Pech für Krall und Kabila: Inzwischen hatte sich im Osten des Kongo eine neue Rebellenbewegung breit gemacht – die „Kongolesische Sammlung für Demokratie“ (RCD). Und die ließ sich gegen 300.000 Dollar Schutzgeld im Monat von Albers einkochen, der so in großem Stil Rohstoffe exportieren konnte: Illegal, wenn man nach Einschätzung eines Reports der UN geht. Während der Deutsche zum wichtigsten Geschäftspartner der Rebellen aufstieg, war die Konzession des Österreichers nicht mehr wert, als ihre zwei Seiten Papier.

Daraufhin startete Krall eine Feldzug gegen Albers. Mit Erfolg: Der Deutsche wurde von den RCD-Rebellen unter Hausarrest gestellt, was ihn freilich nicht daran hinderte, erst beträchtliche Mengen Pyrochlor und dann sich selbst außer Landes in Sicherheit zu bringen. Mehr noch: Krall ging juristisch gegen mehrere kongolesische Politiker vor, die gemeinsame Sache mit Albers gemacht hatten. Unter anderem zeigte er den Vizepremier des Landes beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag an.

Vergangenes Jahr legte Albers die Geschäftsführung des Bergbauunternehmens Somikivu nieder und stellte Konkursantrag für zwei seiner Gesellschaften, die das Kongo-Geschäft mit Deutschland abgewickelt hatten.

Stillstand. Betrug, behauptet Krall: Albers sei alles andere als bankrott. Der Deutsche, schreibt Krall in einer Beschwerde an die OECD, habe „die Versklavung der Arbeiter, darunter auch unzähliger Kinder“ betrieben. Was nie passiert wäre, hätte ein verantwortungsvolles Unternehmen wie Krall Métal „als rechtmäßiger Eigentümer ordnungsgemäß und verantwortlich gegenüber seinem Personal (…) ein Bergwerk bewirtschaftet“. Albers war für profil nicht zu erreichen.

Einstweilen hat es Krall geschafft, zumindest ein paar Tonnen Pyrochlor zu exportieren. „Wir wollen in Lueshe mindestens 15 Millionen Dollar investieren“, verspricht Congo-Mining-Chef Eggenburg. Allerdings: Im Moment liegt die Produktion wieder still. Die Regierung des Kongo will ihre eigenen Rechte an der Mine von Lueshe geltenden machen. Und mit dem Feldzug gegen Albers hat sich Krall zudem so viele Feinde geschaffen, dass er sich derzeit nicht nach Zentralafrika wagt: „Da wären wir“, befürchtet Eggenburg, „vermutlich einen Kopf kürzer.“