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EUuuh, auweh, ojeh, owei

Die alte Dame Europa hat ihre beste Chance verpasst. Nein, nicht wegen des Vertrags von Lissabon, den ein paar irre Iren den Abermillionen europhorischer Kontinentaleuropäer madig machen. Sie hat die Chance nicht genutzt, sich in Zukunft mit „die Euro“ statt „der Euro“ anreden zu lassen. Wo doch klar ist, wer von den beiden beliebter ist! Oder hat jemand unter all den Fähnchen mit oder ohne Zeitungslogo eine einzige EU-Fahne wehen gesehen? Und warum ist das außer mir fast niemandem abgegangen?

Vielleicht, weil die europäischen Eliten und ihre Medienvertreter auf die Fanmeile vergessen haben (ja, auch die gibt es!). Weil sie dort nur nationalpopulistische Hooligans (Krone, Strache, H.P.Martin) vermuten, fordern sie alle KritikerInnen pauschal auf, sich doch bitte einfach zu schleichen. „Ame-o ou deixe-o“ hieß das in der brasilianischen Diktatur der Siebziger Jahre: Love it or leave it. Und jetzt, wo die ganze Sache den Shannon runter ist, schreibt das neue Duo Waldorf & Stettler an der Spitze der österreichischen Sozialdemokratie einen Brief an Kermit den Froschkönig (dessen Zustandekommen profil-Chefsatiriker Rainer Nikowitz treffend skizziert) und verspricht den Hooligans Freibier.

Der Falter hat vergangenen Mittwoch einen Leserbrief von mir veröffentlicht, in dem ich den Versuch einer Kommentatorin kritisiert habe, auch intellektuell redliche Kritik am Vertrag von Lissabon zu delegitimieren:

Die Iren haben laut Umfrage der Irish Times mehrheitlich gegen den EU-Vertrag gestimmt, weil sie ihn als unverständlich und intransparent empfinden. Das ist er auch. Maßgebliche Entscheidungsträger haben zugegeben, ihn nicht einmal gelesen zu haben. Kompetente Kritiker, die frei von jedem Nationalismusverdacht sind, befürchten eher Einschränkungen als den Ausbau der europäischen Demokratie und die Festschreibung neoliberaler Ziele. Das ist ihr demokratisches Recht, genauso wie es das demokratische Recht der EU-Bevölkerung wäre über ein verständliches Vertragswerk mitentscheiden zu können. Hier stehen nicht 4 Millionen Iren gegen eine Halbe Milliarde Europäer, sondern ein Elitenprojekt gegen den zum Untertan gemachten Souverän. Dass auch der Falter nun das autoritäre “If you don’t love it, leave it”-Geschrei mitmacht zeugt von mangelndem Demokratieverständnis. Dass er eine Phalanx – also eine geschlossene Front – zwischen intellektuell redlichen, prinzipiell EU-freundlichen und vor allem antinationalistischen Kritikern  und den Rechtspopulisten herbeilügt, ist nicht nur “ziemlich unappetitlich”, sondern rufschädigend.

In seinem Offenen Brief an SPÖ-Chef Werner Faymann im gestrigen Online-Standard offenbart nun leider auch ein Aktivist der Plattform Volxabstimmung (eigenmächtig und deren Namen missbrauchend, wie mir gesagt wird), dass Demokratie für ihn Nebensache ist: „Lassen Sie mich als einer der BürgerInnen, deren Forderung Sie jetzt ernst nehmen, sagen: Was soll’s, Hauptsache die SPÖ hat Ihre demokratiemissachtende Position aufgegeben. Wie es dazu gekommen ist, ist Nebensache.“ Demokratie per Leserbrief an die Krone – was soll’s? Ich möchte hier festhalten, dass diese Art Schleimerei mit „intellektuell redlich“ nicht gemeint ist.