Kategorie: Grüne

  • Kulturausschuss vom 13.9.2011

    Hier das Protokoll aus dem heutigen Kulturausschuss, das diesmal einen denkwürdigen Satz birgt:

    „Die freie Szene, vor der hab ich wirklich Angst!“

    Post Nr. 1
    1) Für die Förderung an diverse Theatergruppen, -institutionen und Einzelpersonen in Form von Standortförderungen, Jahressubventionen, Projektzuschüssen und Beratungskosten wird im Jahr 2011 ein dritter Rahmenbetrag in der Höhe von 357 000 EUR genehmigt. Der zu diesem Zweck gewährte Rahmenbetrag erhöht sich damit auf 3 757 000 EUR. Die Bedeckung des Betrages in der Höhe von 357 000 EUR ist – vorbehaltlich der Genehmigung des Punktes 2 – auf der Haushaltsstelle 1/3240/757, Förderung der darstellenden Kunst, laufende Transferzahlungen an private Organisationen ohne Erwerbszweck, und auf der Haushaltsstelle 1/3240/768, Förderung der darstellenden Kunst, Sonstige laufende Transferzahlungen an private Haushalte, im Voranschlag 2011 gegeben.
    2) Für die Subvention zur Förderung an diverse Theatergruppen, -institutionen und Einzelpersonen in Form von Standortförderungen, Jahressubventionen, Projektzuschüssen und Beratungskosten für das Jahr 2011 wird im Voranschlag 2011 auf Ansatz 3240, Förderung der darstellenden Kunst, Post 757, laufende Transferzahlungen an private Organisationen ohne Erwerbszweck, eine erste Überschreitung in der Höhe von 56 000 EUR genehmigt, die in Mehreinnahmen auf Ansatz 3240, Förderung der darstellenden Kunst, Post 828, Rückersätze von Ausgaben, zu decken ist.
    Mit den Stimmen von SPÖ und Grünen angenommen

    Post Nr. 2
    Zur Förderung an diverse Theatergruppen, -institutionen und Einzelpersonen in Form von Standortförderungen, Jahressubventionen, Projektzuschüssen und Beratungskosten wird im Jahr 2012 ein erster Rahmenbetrag in der Höhe von 1 700 000 EUR genehmigt. Für die Bedeckung des Betrages in der Höhe von 1 700 000 EUR ist im Voranschlag 2012 Vorsorge zu treffen.
    Mit den Stimmen von SPÖ und Grünen angenommen (mehr …)

  • Warum ihr uns nervt, und warum das gut so ist

    Eigentlich verdient dieses Thema eine viel ausführlichere Betrachtung, nicht nur im Sinne meiner persönlichen Psychohygiene als seit nunmehr einem dreiviertel Jahr Politiker einer Regierungspartei, sondern vor allem wegen der erschreckenden Einsicht, wie schlecht es um das Niveau des öffentlichen Diskurses über unsere parlamentarische Demokratie bestellt ist. Ich leiste mir vorläufig dennoch nur einen spontan hingeschmissenen Blogeintrag, schlicht und einfach weil ich ohnehin zuviel hackel, weil ich in diesem dreiviertel Jahr soviel gehackelt hab wie noch nie zuvor in meinem Leben und weil mir die Zeit für eine umfassende Reflexion fehlt. Das ist ein Systemfehler dessen ich mir bewusst bin, und dieser Systemfehler müsste eigentlich Teil einer solchen Abhandlung sein, da beißt sich die Katze in den Schwanz.

    Es geht um die Rolle der Grünen als Regierungspartei in Wien, und ich hängs an zwei Themen auf, die das glaub ich gut illustrieren: Wir haben im Wahlkampf unter anderem gefordert und plakatiert, dass die Jahreskarte der Wiener Linien statt bisher 450 nur 100 Euro kosten solle. Wir haben gesagt, was das nach unseren Berechnungen kosten würde und wo wir uns das Geld dafür holen würden (naheliegenderweise v.a. bei AutofahrerInnen). Nun sind wir in einer Koalition mit der SPÖ. (mehr …)

  • "Bunte Vögel, fremde Federn"

    Die Presse hat mich eingeladen, die Vorgänge rund um die Kunsthalle Wien zu kommentieren:

    Gerade von den Leitern millionenschwerer Kulturtanker ist ein besonders sorgsamer Umgang mit öffentlichen Geldern zu erwarten.

    Kunsthallen-Chef Gerald Matt, das sei vorausgeschickt, habe ich als leidenschaftlichen Kämpfer für Avantgardekunst kennengelernt. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe werden vom Kontrollamt und von der Justiz geprüft, und ich maße mir darüber kein Urteil an.

    Worüber ich mir ein Urteil anmaße, sind kulturpolitische Zielsetzungen und Rahmenbedingungen für mit Steuergeld finanzierte Institutionen. Kulturpolitik beginnt nicht erst dort, wo Richter gesprochen haben, sondern viel früher: beim Setzen künstlerischer, gesellschaftlicher und ja, auch moralischer Standards, die wir von der Leitung einer öffentlichen Kultureinrichtung in höherem Ausmaß erwarten sollten als etwa vom Management einer Waschmittelfirma.

    Museumsdirektoren sollen, das wird zurecht ins Treffen geführt, bunte Vögel sein. Je bunter, desto besser! (mehr …)

  • Rede zum Rechnungsabschluss Kultur

    Soeben habe ich das Wortprotokoll meiner Rede im Gemeinderat vom 28. Juni erhalten:

    GR Mag Klaus Werner-Lobo (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Verehrte Gemeinderäte und Gemeinderätinnen!

    Dass wir dem Rechnungsabschluss selbstverständlich zustimmen, ist eh klar. (GR Mag Wolfgang Jung: Es bleibt Ihnen nichts anderes übrig!) Wir sind in der Regierung und jeder andere von Ihnen, der in einer Regierung wäre, würde das auch tun. Alles andere wäre fahrlässig. (GR Mag Wolfgang Jung: Wieso? Für das Vorjahr könnt ihr ja nichts dafür!) Es ist irgendwie lächerlich, was Sie da aufführen! Seit Beginn unserer Regierungstätigkeit hat die Opposition nichts anderes zustande gebracht, als Anträge, die wir in der Opposition gestellt haben, wieder zu formulieren oder zu kopieren. (GR Mag Wolfgang Jung: Das haben wir für Sie wahrgenommen!) – Ich kann mir vorstellen, dass Sie sich unwohl in Ihrer Rolle fühlen. (GR Mag Wolfgang Jung: Nein, wir sind sehr zufrieden!) Sie werden aber in dieser Rolle bleiben. Sie werden da auf Ewigkeiten Opposition machen. (GR Mag Wolfgang Jung: Von Ewigkeiten sollte man nicht so groß reden!) Sie werden wahrscheinlich beim nächsten Mal auch verlieren.

    Jetzt arbeiten Sie wenigstens vier Tage in diesem Monat (GR Mag Wolfgang Jung: Und ihr regt euch auf, dass ihr arbeiten müsst!), zugegebenermaßen auch lang, also gestern bis vier Uhr früh. Ich verstehe auch, dass Sie müde sind. (mehr …)

  • "Grüne Töne in der Wiener Kulturpolitik"

    Der Schauspieler Tristan Jorde hat mich für die aktuelle Ausgabe von gift – zeitschrift für freies theater interviewt. Mit seiner Erlaubnis gebe ich das Interview hier wieder:

    Tristan Jorde: Wie ist es dazu gekommen, dass du Kultursprecher der Wiener Grünen geworden bist?

    Klaus Werner-Lobo: Beworben habe ich mich als Menschenrechtssprecher in einer Oppositionspartei, geworden bin ich Kultursprecher in einer Regierungspartei. Meine VorgängerInnen, Marie Ringler und Marco Schreuder, haben mich gebeten, an den kulturpolitischen Verhandlungen anlässlich der Regierungsbildung von Rotgrün teilzunehmen, was ich als unglaublich spannendes politisches Feld wahrgenommen habe, zumal ich persönlich die letzten Jahre selbst eine Wandlung durchgemacht habe: Die letzten 10-15 Jahre war ich als Journalist im Menschenrechtsbereich tätig, habe dann vier Jahre in Brasilien gelebt und dort eine Schauspiel- und Clownausbildung genossen, dann davon gelebt, Vorträge über meine Bücher in Form einer Clownperformance zu halten und dabei erkannt, dass man politische Inhalte mit künstlerischen Ausdrucksmitteln viel besser rüberbringen kann als als verkopfte Geschichten. Kultur ist eine schöne Möglichkeit, auch langfristige Transformationsprozesse einzuleiten und voranzutreiben. Es gibt einen schönen Spruch: Wenn du ein Schiff bauen möchtest, dann nimm keine Leute, die Bretter zusammen nageln, sondern du musst die Sehnsucht nach dem Meer wecken – und das kann Kultur!

    Jorde: Im Wahlkampf gab es eine grundsätzlich begrüßenswerte Onlinediskussion über grüne Positionen zu verschiedenen Themen, aber es gab keinen einzigen Punkt zur Kulturpolitik – was ist denn jetzt eigentlich grüne Kulturpolitik?

    Werner-Lobo: Unser Schwerpunkt liegt sicher nicht bei der Repräsentationskultur, sondern dort, wo wir Kultur mit gesellschaftlichen Transformationsprozessen verbinden. Wir haben es beispielsweise geschafft, als zentralen Punkt die Frage der Transkulturalität festzulegen, weil es aus unserer Sicht ein Skandal ist, dass sich in einer Stadt, in der 44 Prozent Menschen mit Migrationshintergrund leben, das fast nicht widerspiegelt. Natürlich gab es immer schon diese ganzen Multikulti-Geschichten, aber in einem sehr „minderheitsartigen“, teils sehr repräsentativen Charakter. Aber interessanter ist zu schauen: was macht man mit einer Gesellschaft, in der unterschiedliche Menschen zusammenleben, die ganz unterschiedliche Geschichten zu erzählen haben, und wo will man jetzt gemeinsam hin? (mehr …)

  • Dieter Schrage – ein Unbequemer im besten Sinne

    Seit wann ich Dieter Schrage kenne weiß ich nicht mehr. Er war eigentlich immer schon da, immer da, wenn es irgendwo darum ging, Ungerechtigkeit zu bekämpfen, Solidarität zu zeigen und Machtstrukturen zu hinterfragen und zu durchbrechen – auch und vor allem im eigenen Milieu. Er war immer vor mir schon da, und jetzt ist er nicht mehr.

    Noch am Montag habe ich ihn in alter Frische auf der Landeskonferenz der Grünen Wien (ja, Dieter war Anarchist UND Parteifunktionär) erlebt. Noch vorgestern beteiligte er sich per Email an einer Diskussion über Bezirkskulturpolitik. Gestern ist der Kulturwissenschafter, Philosoph, Aktivist und bekennende Linke an Herzversagen gestorben.

    Dieter  war für mich eine nicht versiegende Quelle des Wissens, der kritischen Intelligenz, aber vor allem der Lebensfreude und Inspiration. Er ist bis zum letzten Atemzug mit brennender Leidenschaft für eine neue politische Kultur eingetreten. Sein Leben, sein Wirken und jedes seiner immer mit Bedacht gewählten Worte waren von einer bedingungslosen Solidarität mit zivilgesellschaftlichen Bewegungen, mit Kulturschaffenden und sozial Benachteiligten, aber vor allem von einer allumfassenden Liebe zu den Menschen, zur Kunst und zur Politik getragen.

    Er war ein Unbequemer im besten Sinne. Er war aber auch immer ein Brückenbauer in alle Milieus und politischen Lager. Er wird mir sehr fehlen.

  • Ab sofort in Wien: Offene Daten für alle!

    Als ich mich vor eineinhalb Jahren entschieden habe, für den Gemeinderat zu kandidieren, habe ich Open Government und Open Data als eines meiner vordringlichen Ziele genannt – wohl wissend, dass das Thema sperrig ist und in Österreich noch stiefmütterlich behandelt wird. Oder vielleicht gerade deshalb. Umso mehr hat es mich gefreut, dass es gelang, Open Data in den Rot-Grünen Koalitionsvertrag zu verhandeln – wenn auch in einer für mein Empfinden übervorsichtigen Formulierung:

    Nach internationalen Vorbildern zur Modernisierung der Stadtverwaltung, wird ein Symposium veranstaltet und in weiterer Folge von einer ExpertInnen-Gruppe ein Konzept erstellt, das die Möglichkeiten und etwaige Risiken von „Open Data“ und „Open Government“ – also der freie Zugang zu bestimmten öffentlichen (nicht personenbezogenen) Daten in für Menschen und Maschinen lesbarer Form – für Wien erörtert.

    Das ließ fürdererst nichts Konkretes erwarten. Doch mithilfe einer überaus aktiven und kompetenten Community und, auch das sei gesagt, auch dank der Offenheit der für das Thema ressortzuständigen Stadträtin Sandra Frauenberger haben wir, hat Rot-Grün, in einer Geschwindigkeit Fakten geschaffen, wie wir es uns in anderen Bereichen nur wünschen können: Seit gestern ist Open Data in Wien Wirklichkeit! Hier mein Kommentar dazu: (mehr …)

  • Senol Akkilic: Wir transformieren euch!

    Seit meiner Angelobung habe ich hier – bis auf die Kulturausschussprotokolle – kaum gebloggt. Der Grund ist banal: Ich habe bisher kaum Zeit dazu gefunden, weil ich seitdem von früh bis spätabends von einem Termin zum nächsten hetze und schon froh bin, wenn ich mal meine Mails lesen kann (weitere Gründe hat Christoph Chorherr hier beschrieben).

    Heute ist es mir aber ein Anliegen, diese meiner Meinung nach wunderbare Rede meines Kollegen Senol Akkilic im Gemeinderat hier zu veröffentlichen (mit seinem Einverständnis, da er selbst noch nicht bloggt; die gesamten Wortprotokolle gibt’s übrigens hier). Gemeinderatsreden zeichnen sich ja häufig nicht durch überbordende rhetorische Brillanz aus, aber bei dieser hier war sogar die rechte Opposition eine zeitlang schmähstad:

    senolGR Senol Akkilic (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

    Ich bin ein bisschen überrascht, wie viel Negativstimmung es in diesem Gemeinderat gibt. Wenn jemand von außen frisch nach Wien kommt und Ihnen zuhört, glaubt er, dass Wien nur Probleme hat: Wien hat Probleme, bei denen man sich nicht mehr auskennt, Wien hat Probleme, über die man nicht mehr die Kontrolle hat. Und dieses Problem, das Sie haben – von Seiten der ÖVP zum einen und von den Freiheitlichen zum anderen – ist die Zuwanderung und Integration, als hätten wir keine anderen Sorgen in dieser Stadt, als hätten wir keine anderen Sorgen in diesem Land.

    Ich lebe nun seit 32 Jahren in diesem Land und habe zwei Kinder. Ich bin 1979 gekommen, mein Vater ist 1971 gekommen. Das heißt, ich bin ein Kind des so genannten Gastarbeiters, das Sie heute als einen Problemfall sehen. Damals, als meine Eltern nach Wien gekommen sind, hat man sie gebraucht. Damals waren sie gefragte Arbeitskräfte. Sie haben bis jetzt, indem sie auch das Leben in der Stadt mitgestalten, zum Aufbau dieses Landes beigetragen. Das heißt, zu einer Trümmergeneration ist eine Aufbaugeneration gekommen, die nach Anerkennung sucht. Und diese fordere ich von Ihnen ein, weil wir dieses Land mit aufgebaut haben. Ich lasse nicht ständig über uns schlechtreden, meine Damen und Herren! (Beifall bei den GRÜNEN.) (mehr …)

  • Open Data – was ist das?

    Was New York, San Francisco und London vormachen, sollte auch Wien können: Nicht-personenbezogene Daten, Dokumente und Entscheidungsprozesse den Bürgerinnen und Bürgern maschinenlesbar in offenen Formaten zur Verfügung stellen und sie mithilfe moderner Technologien an Entscheidungen teilhaben lassen.

    Der Nutzen: Daten, Studien und die politische Entscheidungsfindung von Regierung, Magistraten und Bezirken werden transparent und nachvollziehbar. Dazu gehören etwa Fahrplandaten, Geodaten und Kartenmaterial, aggregierte demographische Daten, die Verbrauchsdaten öffentlicher Betriebe, Umweltmessdaten, Infrastrukturdaten, Wirtschafts- und Budgetdaten etc.

    Open Data bzw. die damit gemachten Anwendungen und Visualisierungen helfen somit der Legitimierung der Stadtverwaltung und ihrer politischen Instanzen. Bürgerinnen und Bürger haben jederzeit Einblick, private Software-EntwicklerInnen, wissenschaftliche Institutionen, NGOs oder JournalistInnen können Daten verknüpfen und daraus – ohne zusätzlichen Investitionsaufwand für die Stadt – neue Anwendungen und Informationsmodule gestalten, die der Allgemeinheit wieder zur Verfügung gestellt werden.

    Wie das funktioniert, zeigt dieses neue Video des Elektrischen Reporters:

    Weitere empfehlenswerte Infos: Open 3, Max Kossatz und Open Government Data Austria

  • Danke! Und ja, wir wollen mehr: Wir wollen Rot-Grün!

    rotgruen1I see trees of green, red roses too
    I see them bloom for me and you
    And I think to myself: what a wonderful world!

    (Louis Armstrong)

    Der Wahlkampf ist vorbei. Es war mein erster Wahlkampf, und er war inhaltlich, emotional und körperlich so intensiv, dass ich noch lange brauchen werde, um alle Eindrücke, Erlebnisse und Erfahrungen zu ordnen. Deswegen spar ich mir vorläufig jede Analyse (auch wenn viel Kritik, Selbstkritik und Ideen für künftige Wahlkämpfe in meinem Kopf rumoren) und sag einfach: Danke!

    Danke vor allem an jene, die mitgekämpft haben. Zuerst einmal an alle Grünen auf Bezirks- und Landebene, die vor allem in den letzten Wochen Sensationelles geleistet und uns von einer in vielerlei Hinsicht fatalen Ausgangssituation auf ein doch noch respektables – wenn auch natürlich für viele enttäuschendes und schmerzhaftes – Ergebnis gebracht haben. Danke im Speziellen an jene, deren unermüdlicher Einsatz nicht mit einem Mandat belohnt wurde! Und – unter vielen anderen – auch an meine MitstreiterInnen von der „Grünen Beisltour“, von denen nicht wenige nach einer um die Ohren geschlagenen Nacht am frühen Morgen schon wieder auf der Straße oder bei Schuldiskussionen bereitstanden. Dieser direkte Kontakt mit Wienern und Wienerinnen unterschiedlichster Milieus, Altersgruppen und Herkunft war nicht nur der sprichwörtliche Kampf um jede Stimme, er wird auch weit über diese Wahl hinaus wirken, weil wir wahrscheinlich so intensiv wie selten sonst erfahren haben, wie diese Stadt und ihre EinwohnerInnen ticken – und wo der Schuh drückt. Keine Meinungsumfrage, keine Medienanalyse kann das ersetzen.

    Und ich danke an dieser Stelle auch jenen gefühlten 80 Prozent der Wiener und Wienerinnen, die das nicht nur ausgehalten, sondern sogar überaus freundlich reagiert oder zumindest zurückgelächelt haben, wenn wir sie auf öffentlichen Plätzen oder am schummrigen Wirtshaustisch aus dem Alltag oder einem zweisamen Gespräch gerissen haben, um Wahlwerbung zu machen. Ich muss ehrlich sagen: Ich war in solchen Situationen als „Opfer“ nicht immer so freundlich. Vielleicht lag’s aber auch daran, dass die Leute gespürt haben dass wir wirklich was wollen – nämlich das Ruder rumreißen und diese Stadt mitgestalten.

    Ganz besonders danke ich natürlich unseren Wählern und Wählerinnen – also jenen Menschen, die sich von den kleinen und größeren Fehlern und Schwächen der Grünen nicht irritieren ließen, weil sie letztendlich für sich erkannt haben, dass Fehler und Schwächen nicht nur zutiefst menschlich sind, sondern dass man sich auf unsere Grundhaltungen, unsere Ideen und Konzepte, unseren guten Willen und vor allem auf unsere Professionalität, Erfahrung, Kompetenz und Durchsetzungsfähigkeit verlassen kann, wahrscheinlich mehr als bei jeder anderen unserer mehr oder weniger geschätzten MitbewerberInnen. Und ein persönliches und heftiges Dankeschön auch an jene, die mich persönlich unterstützt haben – an Freunde und Familie, an meine UnterstützerInnen und Feedback-GeberInnen auf Facebook und bei meiner Ja, ich will-Kampagne. Und zu guter Letzt danke ich auch jenen engagierten KollegInnen aus der sozialdemokratischen Hemisphäre, die ich – vom Bettelverbot bis zur Abschiebung der beiden Kinder vergangenen Woche – zuweilen recht massiv angegangen bin. Für jene, die parteiintern gegen Fekterisierung und Rechtsruck ankämpfen, war das bisweilen schwer packbar. Wer mich kennt weiß, dass meine Kritik zuallererst von Empathie für die Opfer getragen war. Und ja: Im Wahlkampf geht die gegenseitige Wertschätzung schon mal unter. Leider.

    Umso mehr freue ich mich, jetzt in einer Situation zu sein, die ich mir schon im gesamten Wahlkampf gewünscht hätte: Gemeinsam mit allen guten Kräften in dieser Stadt, egal ob sie grün, rot, links, liberal oder einfach – angesichts des erschreckenden Ergebnisses für die rechten Hetzer – „normal“ sind, für die einzig realistische und lebenswerte Alternative zu Hass und Ignoranz kämpfen zu dürfen: Für eine Rot-Grüne Koalition in Wien. Und damit für die Wende der vor genau zehn Jahren exerzierten „Wende“ zur Schwarz-Blauen Verrottung der politischen Moral.

    Die Chancen stehen nicht schlecht. Vom Bürgermeister abwärts sind bisherige KritikerInnen dieser Option nach meinem Dafürhalten glaubwürdig verhandlungsbereit. Innerhalb der Wiener Sozialdemokratie treten vor allem junge und kritische Geister offen dafür ein, aber auch die PragmatikerInnen erkennen zunehmend, dass der Rot-Schwarze Beton ihre eigenen Probleme nur zementieren und die Hetzer stärken würde. Seitens der Grünen gibt es einen von Basis bis Spitze nie dagewesenen Konsens darüber, dass wir vor allem eines beweisen müssen: Vom Image der Chaotentruppe wegzukommen und Handschlagqualität, Zuverlässigkeit und auch Kompromissfähigkeit zu beweisen, ohne – und da fährt die Eisenbahn drüber – in den Kernbereichen Grund- und Menschenrechte, soziale Gerechtigkeit, Bewältigung der Demokratie- und Bildungskrise und einer ökologisch vorbildlichen Stadtplanung korrumpierbar zu werden. Warum das für beide Seiten, für Wien und für Österreich die beste Option wäre – und warum man sich davor nicht fürchten muss, erklärt Robert Misik in seinem Brief an meine sozialdemokratischen Freunde.

    Die Chancen stehen gut, da auf einen grünen Zweig und einen roten Stamm zu kommen und gemeinsam internationale Standards in Sachen Lebensqualität, respektvollem Zusammenleben und Innovationskraft zu setzen. Und: Wir haben, alle miteinander, keine andere Chance, wenn wir das Feld nicht den rechten Hetzern und den rückwärtsgewandten Betonieren und Profiteuren überlassen wollen. Ja, wir wollen: Ein gutes Klima in dieser Stadt schaffen – ökologisch, sozial, und vor allem im Umgang miteinander. Wer immer uns dabei unterstützen kann: Unterstützt uns dabei! Es geht um uns selber. Um uns alle.

    Ja, ich will: Rot-Grün für Wien