Wie ich euch 20.000 Euro/Jahr erspart habe
Anfang August des vergangenen Jahres, ich besuchte gerade einen Workshop des Clowns Avner Eisenberg in Konstanz, begannen die Schmerzen. Zuerst im Nacken, dann in den Schultern, schließlich am ganzen Oberkörper. Bis ich morgens kaum mehr aufstehen konnte. Zum Glück ließ mich meine Hausärztin sofort auf HLA-B27 testen: Ein Gen, das acht Prozent der europäischen Bevölkerung haben – und häufiger Indikator für eine laut Fachärzt_innen unheilbare Autoimmunerkrankung namens Morbus Bechterew.
Die Schmerzen wurden bald so unerträglich dass ich bis zu zweimal täglich hundert Milligramm Voltaren nehmen musste um einigermaßen über den Tag und vor allem durch die Nacht zu kommen. Die maximal zulässige Tagesdosis liegt bei 150 Milligramm, andernfalls oder bei längerer Einnahme drohen Magen- und Leberschäden, Herzinfarkt und Schlaganfall.
Der Oberarzt einer renommierten rheumatologischen Abteilung sah aber ohnehin jene Therapie für mich vor, die einem großen Teil der Bechterew-Patient_innen verordnet wird: Ein sogenanntes Biologikum, das für den Rest des Lebens regelmäßig als Spritze verabreicht wird. Nebenwirkungen: Allen voran eine starke Schwächung des Immunsystems, also massiv erhöhte Anfälligkeit für Infektionskrankheiten aller Art. Und noch eine Nebenwirkung: Die Behandlung kostet bis zu 20.000 Euro pro Jahr. Zahlt normalerweise die Krankenkasse, aber habt ihr euch schon mal gefragt warum ihr so hohe Sozialversicherungsbeiträge zahlt?
Mein Glück: Ein Freund meines Vaters leidet seit Jahrzehnten an Bechterew. Und zwar sehr. So wie ich im vergangenen Sommer, nur eben über Jahrzehnte hinweg. Und ich ich dachte schon nach ein paar Wochen ans Sterben! Bis er zufällig im Internet auf einen Londoner Arzt namens Alan Ebringer stieß, der herausgefunden haben will, dass die schmerzhaften Symptome der Krankheit von einer Darmbakterie namens Klebsiella ausgelöst werden. Und dieses Monster ernährt sich – verkürzt gesagt – von Stärke. Also Getreide, Nudeln, Erdäpfeln, Reis usw.; wenn man also all das (und leider noch sehr viel mehr Köstlichkeiten) aus dem Speiseplan streiche, könne man es quasi aushungern und damit unwirksam machen. Und sich (und dem öffentlichen Gesundheitssystem) die gesundheitsschädlichen und teuren Medikamente sparen, so der Freund meines Vaters, der seit Jahren nahezu medikamenten- und schmerzfrei lebt: „Fast niemand stirbt an Bechterew“, sagte er, „aber vermutlich viele an den Nebenwirkungen der Medikamente.“
Anfang Oktober habe ich mit der Bechterew-Diät begonnen. Eine zugegeben radikale Umstellung meiner Ernährungsgewohnheiten, begleitet von vermehrtem Muskeltraining um meinen Stützapparat zu stärken und einen Gewichtsverlust hintanzuhalten. Seit Ende November nehme ich keine Medikamente mehr. Und: Es geht mir gut. Nein: Es geht mir sehr gut! Ab und an spüre ich noch vergleichsweise harmlose Schmerzen, im Moment bin ich auf Kur in Bad Gastein um auch diese zu loszuwerden. Ich treffe hier PatientInnen die einen unglaublichen Leidensweg hinter sich haben. Fast alle nehmen Biologika, ihnen allen wurde von ihren Ärzt_innen gesagt dass es dazu keine Alternative gebe.
Als ich meinem Oberarzt mitteilte dass ich auf die Medikamente verzichten wolle weil ich keine Schmerzen mehr habe, meinte er nur „das bilden Sie sich ein“ und bestritt die Wirksamkeit der Diät. Bis jetzt lebe ich sehr gut mit dieser Einbildung, wäre aber froh, wenn sich die öffentlichen Kassen weiterhin die Finanzierung sinnvoller Behandlungen, Kuren und Medikamente leisten könnten statt sie für möglicherweise sinnlose und gesundheitsschädliche Pharmaprodukte auszugeben.
Nachtrag 27.1.: Bitte lest auch den differenzierten Kommentar zu meinen Ausführungen von Franz Ablinger.
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