Die Grüne Bildungswerkstatt hat für das Jahr 2010 einen Schwerpunkt ausgerufen, den ich als politisches Credo auch für die nächsten paar Jahrtausende hundertprozentig unterschreiben kann: Gutes Leben für alle!
Ich wurde gebeten, den ersten Kommentar dazu zu schreiben. Voilá:
Frei sein, und zwar von inneren und äußeren Zwängen, das wäre ein gutes Leben! Die Freiheit, zu kommen, zu gehen oder zu bleiben, egal wo, wie und mit wem zu leben, ohne die Freiheit oder Sicherheit anderer zu gefährden. Denn Freiheit braucht auch die Sicherheit, das eigene Leben ohne Bedrohung durch andere oder durch wirtschaftliche oder gesellschaftliche Zwänge gestalten zu können. Sie braucht Solidarität, Geschwisterlichkeit und den Respekt vor Vielfalt und Einzigartigkeit.
Freiheit bedeutet auch die aktive Überwindung von Grenzen – nicht nur der Grenzen zwischen Ländern oder sozialen Klassen, sondern auch der Grenzen im eigenen Kopf. Der Begrenztheit, die wir uns durch Erziehung, Bequemlichkeit und Ängstlichkeit auferlegen. Letztlich also die Überwindung der Angst schlechthin. Frei ist nur, wer die Angst verliert – auch die Angst vorm Verlieren.
Liberté, Égalité, Fraternité – die Parole der Französischen Revolution müsste auch heute noch zur Maxime politischen Handelns erklärt werden, damit ein gutes Leben für alle möglich ist. Und es ist möglich, wenn wir nur wollen: Die Erde bietet nach Schätzung der Vereinten Nationen genügend Ressourcen für 12 Milliarden Menschen – also für fast doppelt so viele, wie derzeit auf ihr leben. Voraussetzung ist allerdings eine nachhaltigere Nutzung und gerechtere Verteilung dieser Reichtümer. Das heißt auch: die demokratische Teilhabe aller am Wohlstand der Welt und an der Gestaltung der Weltgesellschaft. Denn was vor 230 Jahren als nationalstaatlich gedachte, repräsentative Demokratie revolutionär war, muss heute auf globaler und lokaler Ebene weiterentwickelt und mit partizipativen und direktdemokratischen Entscheidungsstrukturen ergänzt werden.
Erziehung, Schule, Wirtschaft und politische Institutionen müssen dafür solidarisches Verhalten vorleben und belohnen. Statt Konkurrenz und Ellbogentechnik werden in den Lehrplänen, bei der Vergabe öffentlicher Mittel und in der Gesetzgebung Großzügigkeit, Kreativität, Eigenverantwortung, ökologisches Bewusstsein, Respekt und Mitgefühl gefördert.
Lebenswichtige Bereiche müssen allen zur Verfügung stehen und werden von den NutzerInnen demokratisch mitgestaltet: Jeder Mensch muss Zugang zu Trinkwasser- und Gesundheitsversorgung, Bildung und Kultur, öffentlichen Räumen und Infrastruktur, Kommunikation, Information und Natur sowie das Recht auf eine Grundsicherung haben, die wiederum durch die Besteuerung hoher Vermögen und Einkommen und des Verbrauchs ökologischer Ressourcen finanziert wird. Als Ziel jeglicher wirtschaftlicher Tätigkeit muss das allgemeine Wohl, und nicht der maximale Gewinn von Einzelnen, definiert werden.
Dann ist ein gutes Leben für alle möglich. Aber es muss erkämpft und jenen abgerungen werden, die Freiheit rauben, von Ungleichheit profitieren und zu Geschwisterlichkeit noch nicht bereit sind.