Nach Stefanie Sargnagel ist mein zweiter Gast beim narrenfrei-Podcast heute der Künstler und Kulturmanager Tomas Zierhofer-Kin. Er erzählt, warum sein größter Wunsch die Selbstauflösung und das Ende von Kunst und Politik ist, wieso er von Konzessionen abrät, wie seine Intendanz bei den Wiener Festwochen gescheitert ist und ob er es dort mit der Narrenfreiheit zu weit getrieben hat.
Wir reden über unsere große Sehnsucht nach Verbindung und darüber, was uns beide verbindet: Dass unser jeweiliges Scheitern unser Leben gerettet hat und wie sehr uns dabei Persönlichkeiten geholfen haben, die uns schonungslos den Spiegel vorgehalten haben: Bei ihm eine mit vier Beinen, bei mir mit roter Nase. Und abschließend verrät uns Tomas, was und wen er liebt.
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Vergangene Woche sorgte die Aktion eines TV-Comedians am Opernball auch international für Empörung: Er schminkte sich schwarz, um sich einer amerikanischen Celebrity zu nähern. Blackface, also die Repräsentation schwarzer Menschen durch Weiße mithilfe dunkler Schminke, steht in einer Tradition rassistischer Stereotype und ist daher in aufgeklärten Gesellschaften verpönt. In den Vereinigten Staaten des 19. Jahrhunderts spielten weiße, schwarz geschminkte Schauspieler einem weißen Publikum in sogenannten Minstrel-Shows herabwürdigende Stereotype von Schwarzen vor: Diese wurden als ständig fröhliche, singende, betrunkene und naive SklavInnen dargestellt, die ihre BesitzerInnen trotz harter Arbeit lieben.
Der Sender Puls 4 hat sich daraufhin „in aller Form für diesen inakzeptablen Auftritt“ entschuldigt. Der Privatsender nutzte die Gelegenheit für einen Schritt zur Aufklärung und bemühte sich damit zur Sensibilisierung beizutragen – ein hierzulande leider unüblich konstruktives Vorgehen.
Gleichzeitig wurden auch in Wiener Kulturinstitutionen ähnliche Fälle bekannt: Mit Blackface-Plakaten wird zurzeit eine Aufführung von „Otello darf nicht platzen“ im von der Arbeiterkammer betriebenen Theater Akzent beworben. Nachdem ich vor einigen Wochen auf den rassistischen Konnex hingewiesen hatte, reagierte die Theaterleiterung sofort, nahm die Blackface-Motive von der eigenen Homepage und distanzierte sich dort sogar von dem Stück. Die eingemietete Produktion habe die zunächst getätigte Zusage, die Werbemittel neu zu produzieren, zurückgezogen, erzählt der Theaterleiter, „da sie das Stück nicht anders bewerben kann.“ Die Wiener Theatermacherin Asli Kislal berichtet über ein Gespräch mit dem Produzenten Bruno Thost, für ihn sei Blackface eine „Theatertradition“, außerdem würden nunmal alle Schwarzen gleich aussehen.
Seit gestern sieht sich auch das Flaggschiff der Wiener Kulturpolitik, die Wiener Festwochen, mit dem Vorwurf der mangelnden Sensibilität gegenüber solchen rassistischen „Traditionen“ konfrontiert: Pamoja, die Bewegung der jungen Afrikanischen Diaspora in Österreich, übt gemeinsam mit zahlreichen Organisationen aus dem In- und Ausland heftige Kritik an der geplanten Aufführung des Theaterstücks „Die N…“ von Jean Genet in der Fassung von Johan Simons.
Auch hier sind in der Ankündigung Blackface-Motive zu sehen, außerdem gilt die Verwendung des N-Wortes im heutigen Sprachgebrauch als schwere rassistische Beleidigung. Eine sehr lesenswerte Übersicht über Begrifflichkeiten und Alternativen findet sich hier. In anderen Ländern wäre es heute undenkbar, zum Beispiel den Begriff „The N…“ als Übersetzung des französischen Originaltitels aus dem Jahr 1948 zu verwenden: Auf Englisch heißt das Stück „The Blacks“. Warum also nicht auch auf Deutsch eine zeitgemäße Übersetzung wie „Die Schwarzen“?
Diese Frage habe ich dem von mir sehr geschätzten Festwochen-Chef Markus Hinterhäuser gestellt. Und ich halte das Argument, man dürfe historische Namen und Stoffe nicht verändern, ehrlich gesagt für kleingeistig und provinziell. Es geht auch nicht um die Abschaffung von Mozartopern oder Shakespeare-Stücken, sondern um eine zeitgemäße Sprache und um Respekt vor jenen, die auch heute noch tagtäglich von rassistischer Diskriminierung betroffen sind. Keine namhafte Kulturinstitution würde beispielsweise heute antisemitische Stereotype unreflektiert wiedergeben, warum tun wir es aber trotz einer Geschichte kolonialer Verbrechen bei Menschen mit afrikanischen Wurzeln?
Kein Mensch sieht die abendländische Kultur bedroht, wenn das Nibelungenlied heute auf neuhochdeutsch gelesen wird, warum also nicht auch zeitgemäße Begriffe finden, die nicht jene verletzen, die ohnehin unter latentem Alltagsrassismus zu leiden haben? Muss sich der ausgerechnet in der Kunst wiederholen? Und so wie der Däne Hamlet nicht nur von dänischen SchauspielerInnen gespielt werden kann, so kann er eben – ebenso wie Othello – von Schwarzen oder Weißen gespielt werden, ohne dass man ihnen dafür eine andere Hautfarbe ins Gesicht pinseln muss. Besteht die Kraft von Theater und gutem Schauspiel nicht darin die Imagination zu wecken?
Das Stück von Jean Genet selbst stellt im Original übrigens eine beißende Kritik an rassistischen Stereotypen dar. Außerdem hat Genet zu Lebzeiten ausdrücklich darauf bestanden, dass es – anders als bei der nunmehrigen Produktion der Festwochen mit nur einem schwarzen Schauspieler – ausschließlich von Schwarzen gespielt werden solle: Das Stück sei schwarzen Darstellern auf den Leib geschrieben und für weiße durchaus ungeeignet, zitiert der „Spiegel“ Genet im Jahr 1964.
Offenbar herrscht hierzulande noch wenig Sensibilität für die diskriminierende und verletzende Wirkung rassistischer Stereotype und Begriffe. Wollen die Festwochen als internationales Aushängeschild von Wien nun weiter dazu beitragen, dass wir uns zum Beispiel in den USA fragen lassen müssen „Ist das normal in Österreich, dass sich Leute das Gesicht zum Spaß schwarz anmalen und Leute beleidigen?“ oder „Ist Österreich wirklich so rassistisch wie immer alle sagen?“, wie die Wiener Zeitung die Folgen des Blackface-Vorfalls am Opernball beschreibt? Und damit international wieder einmal Reaktionen provozieren, „die all das bestätigen, was man dort immer schon über Österreich im Allgemeinen und Wien im Besonderen weiß, beziehungsweise zu wissen glaubt“? Oder wollen sich die Festwochen als provinzielle „Narren unter Narren“ in einer „karnevalesken Umgebung“ positionieren, wie Falter-Kulturredakteur Mathias Dusini den Vorfall beim Opernball beschreibt?
Wäre es da nicht einem weltoffenen und avantgardistischen Kulturauftrag angemessener, die Kritik an der Präsentation der Genet-Aufführung zum Anlass zu nehmen, rassistische Bilder und Begriffe zu korrigieren? Und jedenfalls die KritikerInnen einzuladen, im Umfeld der Premiere einen Beitrag zur Aufklärung und Sensibilisierung einzuladen? Die abendländische Kultur geht nicht unter, wenn sie die rassistischen und kolonialen Bilder ihrer Vergangenheit zeitgemäß interpretiert und kontextualisiert. Sie bleibt stehen und verrostet, wenn sie das nicht tut.
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