Autor: Klaus Werner-Lobo
Arbeit und Kapital
Hey Leute, lest diesen Telepolis-Artikel. Eine übersichtliche, leicht verständliche – und etwas andere – Analyse des herrschenden Wirtschaftssystems:
In der öffentlichen Debatte um die (2. Welt-)Wirtschaftskrise wird meist von Lohnnebenkosten, zu hohen Personalkosten und allgemein zu teurer Arbeit gesprochen. Tabuisiert wird eine Debatte um die andere Seite dieser Medaille: die Kapitalkosten und Kapitaleinkommen. Jene stellen nicht nur die eigentliche Ursache der Wirtschaftskrise dar, sondern manifestieren zugleich eine gesellschaftlich legitimierte Art der Sklaverei, indem die Arbeits- und damit Lebenszeit der großen Masse der Bevölkerung in einer ungerechtfertigten Form einer vergleichsweise kleinen, aber vermögenden Minderheit zukommt. (weiter…)
Erzrivalen
Im aktuellen profil erscheint ein Artikel von mir über einen deutschen und einen österreichischen Rohstoffhändler, die in der Demokratischen Republik Kongo um Schürfrechte kämpfen – mit allen Mitteln.
Der Krieg im Kongo hat rund fünf Millionen Menschenleben gekostet und ist damit der größte Krieg der Welt seit 1945. Laut UNO ging es um illegale Rohstoffausbeutung. Der Krieg ist offiziell zu Ende, das Sterben geht weiter. Und die beiden Streithanseln kommen mir vor wie die zwei verfeindeten Häuptlinge in „Asterix und der große Graben“, die am Schluss allein am Schlachtfeld aufeinander eindreschen und nicht merken, dass alle schon alle heimgegangen sind und ihre Wunden lecken.
Ich hab die in der Story beschriebenen Beteiligten in Afrika persönlich erlebt – völlig durchgeknallte Typen, die allesamt von einer Mission beseelt sind. Und weil Geld scheffeln als Mission nicht so viel hermacht, geben sie ihre kolonialistische Ausbeutung halt als Menschenfreundlichkeit aus. Aber das war ja schon in früheren Kolonialzeiten so.
Umso besser, dass Kinshasa jetzt draufgekommen ist, dass die KongolesInnen ihre Rohstoffe eigentlich für sich selbst beanspruchen könnten.
Germanie
sehr zu empfehlen: der germknödel auf der schlossalm in bad hofgastein. damit es nicht wieder heißt, hier wird immer nur schlecht über das land geredet.
Dass man für einen internationalen führerschein die autolobby öamtc unterstützen muss ist ja schon widerlich. Aber dass die einen dann auch noch zum führer machen…Grüße aus der Heimat
Gestern hat die Drogenfraktion Amigos dos Amigos nach vierstündigem Kampf Rios Favela Vidigal erobert. Die Polizei fand am Morgen nur zerschossene Häuserfronten vor. Und jede Menge Granaten – made in Austria. Gut für die österreichische Wirtschaft, schlecht für die Mutter, die über der zerfetzten Leiche ihres Kindes zusammenbricht.
Österreich führt indes eine Asyldebatte. Die Regierung will das Land aus dem „Würgegriff der Fremden“ befreien, diese in „Sicherungshaft“ nehmen und dergleichen Nazisprech.
Nüchtern betrachtet geht es längst nicht mehr um die fehlende demokratische Moral einer faschistoiden Elite von Strasser über Berslusconi und Schily bis Bush. Auch nicht um den Prozentsatz von Habenichtsen in der Kriminalitätsstatistik. Die Eliten versuchen mit aller Macht den Krieg, den sie selbst gegen die Weltbevölkerungsmehrheit führen, vor der Haustüre zu halten. Das wird nicht gelingen, weil die Armen zwar immer ärmer, aber auch immer mehr und immer mobiler werden. Die mit Gewalt verdrängte Armut wird mit Gewalt eindringen. Und dann können sich Österreich & Co. ihre Granaten in den eigenen Arsch schieben.
My neighborhood
ich les grad das sehr nette buch „aschermittwoch“ des sehr netten ethan hawke, als ich direkt vor meinem fenster zwei schüsse höre. schießereien hört man hier dauernd, aber normalerweise sind die weiter weg. ich steck also die nase aus dem fenster: die luft ist rein (damit das auch einmal gesagt ist). ich sehe einen mann den abhang runterrennen, und oben auf der straße leute. ich geh raus.
vor meiner tür liegt ein halbnackter typ am boden, bewacht von polizisten. er zittert am ganzen leib. „er hat einen gringo überfallen.“ der gringo ist ein deutscher tourist, der meine geile aussicht fotografieren wollte. alleine (was man nicht tun sollte). da sind zwei typen auf dem motorrad daher und wollten ihm den rucksack entreißen. er hat sich gewehrt (was man nicht tun sollte), zum glück waren die unbewaffnet und es kommt zum handgemenge, bis ein paar meiner nachbarn sich auf die typen stürzen. einer flüchtet, der andere wird festgehalten. die frau im morgenmantel von tür 101 schießt zweimal in die luft. unter der woche ist sie polizistin, wusst ich gar nicht. dann trifft die polizei ein.
ich hab die aussage des deutschen fürs protokoll übersetzt und mir gedacht ich hab eh ganz fitte nachbarn.
Nix
Auf ebay versteigert das attac-Konsumnetz NIX an den/die Höchstbietende/n. Der Preis liegt zur Stunde bei 72 Euro, bis Samstag – dem internationalen Kauf-Nix-Tag – kann noch mitgesteigert werden.
Der Buy-Nothing-Day wird in über 80 Ländern als Aktionstag für bewussten Konsum und Protest gegen unmenschliche und umweltschädliche Herstellungsbedingungen gefeiert. Mitmachen!
12 horas
ich leide an einer in tropischen regionen fatalen krankheit: ich habe pünktlichkeit. in brasilien pünktlich zu sein ist nicht nur sinnlos, sondern unhöflich. wenn dich zum beispiel jemand für neun uhr einlädt und du kommst vor elf, dann ist das schlicht und einfach aufdringlich. verkompliziert wird die sache dadurch, dass kinos, flüge, busreisen und andere ereignisse oft pünklich beginnen. und oft nicht. nur bei konzerten kann man sich darauf verlassen, dass sie später anfangen.
private termine wiederum folgen dem spiel der freien kräfte. seit einiger zeit interessiere ich mich für eine frau (um ehrlich zu sein: ich interessiere mich für relativ viele frauen, aber für diese besonders). für samstag hatte ich sie zum mittagessen eingeladen. sie versprach um 10 uhr vormittags nochmal anzurufen um mir ihre ankunftszeit mitzuteilen.
um zwölf uhr mittag rufe ich ihre mobilbox an.
um ein uhr erreiche ich sie persönlich. sie sagt, dass sich das mit dem mittagessen nicht ausgehen wird, aber wir könnten uns um drei bei einer super veranstaltung treffen. um fünf vor drei ruft sie an, dass sie noch schnell den text fertigschreibt und dann halt einfach nachkommt.
die veranstaltung beginnt um vier und ist super. nach dem ende ruf ich an und erzähl ihr dass es super war.
sie schlägt vor, dass wir ein bierchen trinken könnten, so um halb elf.
um fünf vor halb elf – ich hab mich extra bemüht es ein bisschen knapp werden zu lassen – stehe ich an der bushaltestelle. um eins vor halb elf überlege ich, ein taxi zu nehmen. ich halte durch. um zehn nach halb elf betrete ich das lokal, im kopf bereits die fertige entschuldigung für meine verspätung.
um elf habe ich das erste bier getrunken.
um halb zwölf das zweite.
ich ruf an.
ich rede gerne mit ihrer mobilbox, ich könnte es hunderttausendmal hören wie sie ihren namen ausspricht!
um zehn nach halb zwölf ruft sie an: „ich bin gleich da“.
ich könnte sauer sein. ich habe gelernt sauer zu sein wenn einen wer sitzen lässt. nicht sauer zu sein, habe ich gelernt, würde bedeuten ein weichei zu sein.
ich entscheide mich für die weichei-variante. ich sitze glücklich bei meinem dritten bier und beobachte das leben rund um mich herum. in so einer bar gibts immer jede menge leben, kinder, die kaugummis verkaufen, zahnlos grinsende herren, lächerliche machojungs und viele sehr super aussehende frauen. was will man mehr?
kurz nach mitternacht kam sie. sie hat noch ihrem vater zum geburtstag gratuliert, auf dem weg einen freund getroffen mit dem sie lange nicht gequatscht hat und dann der verkehr und so. ich hab ihr erzählt wie sich ein europäer so fühlt wenn er wartet. es wurde ein wunderbarer abend.